Matthes Enderlein (Enderle, Enderlin) vom Burgstadtel (nobilisiert 1552) • *1493 in Zwönitz – ✝ 21.10.1556 in St. Joachimsthal
Warum schreibe ich diesen Artikel zu einem Mann, der vor nunmehr 500 Jahren in unserem Erzgebirge lebte und wirkte? Bezugnehmend auf die Veröffentlichung zum 6. Agricola Gespräch, einer wissenschaftlichen Konferenz im Jahr 2000 in der Königlichen Münze zu Joachimsthal (CR – heute Museum), unter dem Thema „Sächsisch-Böhmische Beziehungen im 16. Jahrhundert, möchte ich auf den Umstand verweisen, dass man in den Beiträgen über den Bergbau in St. Joachimsthal den Namen Matthes Enderlein leider vergebens sucht. Warum? Wer war dieser Zeitgenosse, der im ersten Viertel bis über die Hälfte des 16. Jahrhunderts lebte? Eine Betrachtung seines Lebens aus heutiger Sicht soll unter Einbeziehung historisch nachgewiesener Personen, Quellen und montanwissenschaftlicher Erkenntnisse zeigen, was ihm an Höhen aber auch Tiefen im böhmischen St. Joachimsthal von Mitte der 1530iger Jahre bis zu seinem Tod widerfahren sind. Die Spurensuche über Enderlein, die 2015/16 in den zur Verfügung stehenden öffentlichen Archiven und Einrichtungen von Österreich, Tschechien sowie Deutschland begann, erwies sich kompliziert. Obwohl versierte Geschichtsschreiber gegen Ende des 19. Jahrhunderts im damaligen Kulturraum Böhmen über diesen Mann und seine Arbeit als Bergmeister in St. Joachimsthal ausführlich berichteten und schrieben, fehlt in der neueren Literatur als Bergmeister in den Veröffentlichungen jeder Hinweis auf ihn. Hiermit soll versucht werden, Matthes Enderlein den gebührenden Platz zu verschaffen, der ihm in heutigen Veröffentlichungen über den Bergbau in St. Joachimsthal eigentlich zusteht. Im 16. Jahrhundert war der Bergbau im böhmischen und im sächsischen Erzgebirge eng miteinander verwoben. Bergsachen aus Freiberg, Annaberg, (anfänglich arbeitete man in St. Joachimsthal nach der Annaberger Bergordnung), Schneeberg und St. Joachimsthal, Gottesgab und Platten waren teilweise untrennbar verbunden. Matthes Enderlein wurde 1493 als Sohn eines Müllers in Zwönitz geboren. Des Vaters Mühle stand an der Stelle, wo sich heute der Mühlbrunnen am Mühlberg befindet. Dazu gehörte auch eine Schleifhütte. Er besuchte in Zwönitz die Lateinschule, damals zwischen dem ehemaligen Gasthof „Stern“ und der Kirche und später in der Kirchgasse gelegen. Er musste ein begnadeter Schüler gewesen sein, denn schon im Jahr 1518 wurde er an der Universität Leipzig im Sommersemester immatrikuliert. Er studierte Theologie und besuchte Vorlesungen in Rechtskunde. Danach trat der junge Gelehrte eine Kantorenstelle in Schneeberg an, versah außerdem das Amt eines Schichtmeisters (Bergbau) und war bis 1533 Rektor (Ludimoderator) der dortigen Lateinschule. Die Gelehrtensprache Latein beherrschte er so gut, dass er später in der Lage war, wichtige Dinge ins Deutsche zu übersetzen. Im sächsischen Erzgebirge waren um diese Zeit die Bergstädte Freiberg, Annaberg, Ehrenfriedersdorf, Geyer und Schneeberg sowie andere mehr oder weniger am reichen Silbersegen beteiligt. Übertroffen wurde das alles im Jahr 1516 durch ein großes Berggeschrei nach Silbererzfunden im böhmischen Konradsgrün, dem späteren St. Joachimsthal. Der Silberbergbau ist vergleichbar mit dem großen Goldrausch von Nordamerika in der zweiten Hälfte des 19.Jahrhunderts. Waren schon in den 20er Jahren des 16. Jahrhundert der ehemalige Direktor der Schneeberger Schule Th. Popel und sein Stellvertreter E. Forberger 1522 in Richtung Konradsgrün aufgebrochen, so blieb auch Enderlein indes in Schneeberg bergmännisch nicht untätig. Zwischen 1530 und 1533 streckte auch er seine Hände dem reichen Bergsegen in St. Joachimsthal entgegen. Nachweislich fand sich in Bergsachen von St. Joachimsthal eine Fundgrube Namens „Matthes- Enderlein-Gang“ erwähnt. Nach seinem Wechsel von Schneeberg nach St. Joachimsthal (1533) war er dort unter Matthesius ebenfalls Schulmeister und übernahm im Bergbau die verantwortungsvolle Funktion eines Schichtmeisters. Matthesius verfasste 1538 eine Chronik von St. Joachimsthal. Zu dieser Zeit waren die Grafen von Schlick die Grundherren von St. Joachimsthal. Wie erging es nun in der Folgezeit unserem Matthes Enderlein in St. Joachimsthal?
Teil 2 folgt bald hier.
Jürgen Viertel EZV Zwönitz AG Heimatforscher 2022 Quellen: Sind beim Verfasser einsehbar
Foto: Eine Bronze-Platte am Mühlbrunnen, welcher sich am Mühlberg
befindet, verweist auf den Geburtsort Matthes Enderleins. Hier
stand die elterliche Mühle.