
Bild: Gasthofbesitzer und Gemeindevorstand Karl Voitel aus Günsdorf, der „Iser-Karl“
Einleitung
Wie schon in mehreren Aufsätzen und Veröffentlichungen beschrieben, gab es in Hormersdorf viele, viele Spitznamen. Dies ist allgemein bekannt. In einigen Fällen ist aber selbst den Trägern der Spitznamen oder deren Nachfahren nicht bekannt woher sie kommen oder wie sie entstanden sind. Drei gute Beispiele dafür sind die Spitznamen Iser, Gaber und Sacher. Sie sind heute noch mehr oder weniger geläufig. In diesem Artikel möchte ich gern die Herkunft dieser drei sehr alten(!) Spitznamen klären. Es sei noch darauf hingewiesen, dass Gaber, Iser und Sacher die Grundformen sind. In der gesprochenen Hormersdorfer Mundart wird aber das „r“ am Namensende weggelassen. Durch dieses Weglassen entstellen sich die Spitznamen „Ise“ und „Gabe“ noch mehr und der Ursprung lässt sich noch schlechter erkennen.
Iser
Der Spitzname „Iser“ liegt auf dem Bauerngut der Familie Voitel (Hormersdorfer Anger 8). „Beim Iser“ wird auch aktuell noch im Sprachgebrauch verwendet. Allerdings bekam das Gut den Spitznamen erst 1897. In diesem Jahr zog nämlich die Familie Voitel von Günsdorf nach Hormersdorf und erwarb den Hof. Schon in Günsdorf waren die Voitels unter dem Namen Iser bekannt. Der Günsdorfer Gasthofbesitzer und Gemeindevorstand Karl Voitel *1838 wurde schlicht „Iser- Karl“ genannt. Er ist der Ururgroßvater des heutigen Gutsbesitzers Bernd Voitel.
Verfolgen wir nun die Namenslinie Voitel:
Gutsbesitzer Willy Bernd Voitel (*1959) Sohn von
Gutsbesitzer Otto Reiner Voitel (1931-2015) Sohn von
Gutsbesitzer Otto Willy (1901-1965) Sohn von
Gutsbesitzer Otto Reinhard Voitel (1869-1928) Sohn von
Gasthofbesitzer Karl August Voitel (1837-1917) Sohn von
Schankwirt Christian Friedrich Voitel (1805-1882) Sohn von
Gutsbesitzer Johann Christian Wilhelm Voitel (1769-1837) Sohn von
Gutsbesitzer Gottfried Voitel (1746-1825) Sohn von Gutsbesitzer
Gottfried Voitel (1697-1781) Sohn von
Gutsbesitzer Israel Voitel (1665-1742)
Der zuletzt genannte Ahnherrn und Bauer Israel Voitel wurde in erzgebirgischer Mundart seinem Vornamen entsprechend zu „Iser“ abgekürzt. Ungewöhnlich? Nein! Ein ganz ähnliches Beispiel sind die Vornamen Heinrich und Friedrich die zu Heiner und Frieder abgekürzt werden können.
Somit ist der Spitzname Iser wohl seit um 1695 gebräuchlich und so schon über 300 Jahre alt. Möglicherweise stammt der Spitzname sogar von Israel Voitels Vater, der ebenfalls Israel Voitel hieß und 1643 in Zwönitz geboren war. Sein Beruf war Landfuhrmann. Wenn dies zuträfe dann wäre der Spitzname sogar noch ein paar Jahre älter.

Gaber
Auf gleiche Weise lässt sich auch der Spitzname Gaber erklären. Seinen Ursprung hat auch dieser Spitzname in einem Vornamen, und zwar im Namen Gabriel. Weil auch der Name Gaber bald nicht mehr reichte um all die Personen auseinander halten zu können, teilte sich dieser Beiname in mehrere Stämme. Unterschieden wurde zum Beispiel durch die Spitznamen: Gabe, Gabe-Lob, Gabe-Schneider, Gabe-Fleischer und Gabe-Liesen.
Der Ursprung des Namens liegt bei Gabriel Pfüller (1632-1702). Er war ab 1666 der Besitzer des Bauerngutes Obere Dorfstraße 26 (Ortslistennummer 36). Sein Spitzname „Gabe“ erhielt sich auch in den nächsten Generationen seiner Kinder und Enkel.
Seinem Urenkel, der ebenfalls den Namen Gabriel Pfüller (1752-1827) trug, gehörte das Bauerngut Hangweg 20 (Ortslistennummer 77). Dieser Gabriel Pfüller hatte drei Söhne. Der eine mit dem Namen Gottlob Pfüller (1793-1840) wurde kurz „Gabe-Lob“ genannt. Von ihm stammen später die Pfüllers, Drechsels und Bruchmanns im Oberdorf ab. Der andere Sohn, Johann Friedrich (1799-1859), wurde auf Grund seines Berufes „Gabe-Schneider“ genannt. Der dritte Sohn hieß Gottlieb Pfüller (1791-1870). Er übernahm das väterliche Gut und behielt den Beinamen „Gabe“. Unter seinen Enkelsöhnen Wilhelm Pfüller (1859- 1918) und Hermann Pfüller (1863-1953) teilte sich der Spitzname Gaber erneut. Wilhelm erwarb die Gutswirtschaft Am Steinberg 20 (Ortslistennummer 89 C) wo der Spitzname heute noch in Gebrauch ist, Hermann übernahm das väterliche Gut am Hangweg und verkaufte es 1933 an seinen Schwiegersohn Paul Leonhardt. Durch den Namenswechsel von Pfüller zu Leonhardt verschwand auch der Namen „Gabe“ langsam von diesem Gut.
Bleibt noch, den Namen „Gabe-Liesen“ zu klären: Auch diese Linie lässt sich auf den zuerst genannten Gabriel Pfüller (1632-1702) zurückführen. Einer seiner Enkelsöhne namens Gottfried Pfüller (1709-1749) gehört das Bauerngut Obere Dorfstraße 46 (Ortslistennummer 34). Er war nur 10 Jahre verheiratet und lebte nicht lang. Seine junge Witwe, Elisabeth Pfüller (1711-1781), die „Gabe-Liese“ übernahm das Gut Obere Dorfstraße 46 und führte es fast zwanzig Jahre lang. In dieser Zeit, also zwischen 1749 bis 1767 entstand durch Elisabeth Pfüller der Spitzname. Aber auch der Spitzname Gabe-Liesen ist heute nicht mehr in Gebrauch. In den 1930er Jahren war er noch üblich. Mit Übernahme des Gutes durch Max Rehm verschwand auch der alte Name und es wurde üblich „beim Rehm“ zu sagen. Es bleibt: auch der Spitzname Gaber in allen Formen ist zwischen 300 und 350 Jahre alt.
Sacher Ein heute nicht mehr gebräuchlicher Spitzname ist der Name „Sacher“. Noch um 1900 gab es den „klaan Sacher-Brunner“ in Hormersdorf. Es handelt sich dabei um den Fabrikstrumpfwirker und Kirchner Friedrich Brunner (1864-1953), er, und der Waldarbeiter Friedrich Brunner (1852-1939) welcher „Sacher- Brunner“ genannt wurde, waren Cousins. Wollen wir auch ihre Ahnentafel ein Stück zurück verfolgen und beginnen mit ihrem gemeinsamen Großvater:
Strumpfwirker Traugott Friedrich Brunner (1795-1860) Sohn von
Hausbesitzer Christoph Friedrich Brunner (1759-1827) Sohn von
Straßenmeister Christoph Brunner (1718-1790) Sohn von
Tischler Gottfried Brunner (1688-1758) Sohn von
Tagelöhner Gottfried Brunner (1657-1741) Sohn von
Bauer Michael Brunner (1613-1694) Sohn von
Bauer Georg Brunner (1581-1636) Sohn von
Häusler Zacharias Brunner (um 1555- 1590)
Um es gleich vornweg zu nehmen: mit der berühmten „Sacher-Torte“ aus Wien hat der Hormersdorfer Spitzname nichts zu tun. Vielmehr sehen wir am Ende der Stammlinie einen Zacharias Brunner, welcher um 1555 geboren wurde. Sein Vorname wurde zu „Zacher“ abgekürzt. Bei seinen Nachkommen verwischte dann die Herkunft und die Schreibweise, so, dass aus „Zacher“ ein „Sacher“ wurde und über Generationen hinweg Bestand hatte. Auch hier gilt es festzuhalten, dass dieser Spitzname über 400 Jahre alt war.
Der Autor dankt herzlich Bernd Voitel, dem „Iser-Bernd“, und Gerd Pfüller, dem „Gabe-Gerd“, für die zur Verfügung gestellten Fotos ihrer Güter und Familien. Die anderen Fotos stammen aus dem Archiv des Autors, dessen Urgroßmutter Flora Drechsel die „Gabe-Lob-Flora“ war.