Das Schreiben mit der Hand wird in der heutigen Zeit der Digitalisierung wohl immer seltener. In der Papiermühle konnte man eine Zeitreise in das 16. Jahrhundert unternehmen und das Handwerk des „Schreibers“ erleben, indem man selbst zu Federkiel und Tinte griff und damit die Schreibkunst übte, wie hier das Ehepaar Plietzsch aus Schneeberg.
Von der Papierherstellung seit dem Mittelalter, der Weiterverarbeitung der Schreibunterlage über die Herstellung von Schreibutensilien sowie Werkzeugen bis hin zum eigenständigen Schreiben alter Kanzleischrift konnten die Besucher alles rund um die Handwerksberufe des „Papierers“ und „Schreibers“ miterleben. Dabei erfuhren sie, wie viele Arbeitsschritte und –kräfte notwendig waren, bis ein Blatt Büttenpapier schreibfertig war und welchen Wert es hatte im Vergleich zur heutigen Zeit, in der sehr verschwenderisch mit Papier umgegangen wird. Am diesjährigen Tag des traditionellen Handwerks, am 18.10.2020, wurden die Besucher der Papiermühle Niederzwönitz sogar selbst handwerklich tätig. Aufgrund der seit 12.10.2020 geltenden Allgemeinverfügung für den Erzgebirgskreis zum Vollzug des Infektionsschutzgesetzes und der Sächsischen Corona-Schutz-Verordnung konnte das Programm in der Papiermühle nicht im geplanten umfangreichen Rahmen stattfinden. Dennoch fanden sich gut 100 Besucher aus dem Erzgebirgskreis, aber auch aus Thüringen und Brandenburg, ein. Sie erfreuten sich, trotz Temperaturen im einstelligen Bereich, am selbstständigen Papierschöpfen aus weißem und blauen (Jeans)-Stoff. Dabei wurden herbstliche Blätter und Naturmaterialien eingelegt und so individuelle Kunstwerke gestaltet, wie die Familie Kübler auf dem Titelfoto zeigt. Vor jedem Workshop gab es eine Einführung der Museumsmitarbeiter in die Geheimnisse des Papiermachens und Schreibens – hier wurde u.a. geklärt, warum es in einer Papiermühle stets müffelte, woher der Ausdruck „alter Harderlump“ kommt und wie eine Gänsefeder zum Schreibwerkzeug wurde. Der Beruf des Schreibers kam zur Entstehungszeit der Papiermühle, also im 16. Jahrhundert, auf, um der damals wachsenden Verwaltung nachzukommen. Besucher ahmten die damals verwendete „Kanzleischrift“ nach und konnten anschließend ein verleimtes Stück Büttenpapier original mit Gänsefeder und Tinte beschreiben und das Kunstwerk sowie ihr selbst geschöpftes Büttenpapier mit nach Hause nehmen. Trotz des Rückgangs der Besucherzahlen zur Veranstaltung gegenüber dem Vorjahr, bei der etwa 500 Anwesende gezählt wurden, betrieben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Papiermühle diesen Mehraufwand, um derart Angebote stattfinden zu lassen und um ein Stück weit wieder in Richtung Normalität zurückzukehren. Auch das Sägewerk Weber öffnete an diesem Tag die Türen und lud die ganze Familie auf eine Schauvorführung ein. Dabei sorgte das Sägen alter Bäume mit neuer Technik für reichlich Aufsehen und Begeisterung. Der gelernte Zimmerer Tilo Schaarschmidt aus Dorfchemnitz stellte auf dem Gelände der Firma Weber sein Können unter Beweis, indem er zeigte, wie früher per Hand eine Holzdachrinne aus einem Stamm gearbeitet wurde. Samuel Scheffler, Mitarbeiter des Sägewerks Weber, unterstützte ihn dabei tatkräftig. 250 Besucher bestaunten diese besondere Handwerkskunst. Neben den großen Kinderaugen bei der Vorstellung der modernen Technik heutzutage, bot auch das Bungee Trampolin reichlich Abwechslung und jede Menge Spaß. Ein rundum gelungener und spannender Tag ging beider Orts gegen 17 Uhr zu Ende. Trotz Verunsicherung schwang überall Dankbarkeit für die Ermöglichung dieses Freizeitangebots in dieser pandemiegebeutelten Zeit mit.