Von Anderes Lippold
Im Mittelpunkt dieses Beitrages steht die Entwicklung eines Gebäudes, dass den meisten Einwohnern von Niederzwönitz als Bergmeistergut bekannt ist. In diesem Text mit BMG abgekürzt, soll in dem Beitrag immer dann verwendet werden, wenn das Gebäude gemeint ist. Im 19. Jahrhundert erhielt dieses Haus die BK-Nr. 125 (Abkürzung für Brandversicherung-Katasternummer).
Ab 1702 wurde der Salz- und Papierhändler Georg Friedrich Günther (1677 – 1734) Besitzer des BMG. Er kaufte von seinem Vater Georg u.a. dieses Gut. Auch der Vater war Papierhändler und Salzkärrner (Fuhrmann für Salz). Er besaß es seit 1652.
An dieser Stelle soll der Beruf dieser beiden Personen etwas näher getrachtet werden. Die Fuhrleute, sozusagen die Lkw-Fahrer von heute, waren damals Geschäftsleute, die für den Transport und die ordnungsgemäße Abgabe der zu transportierenden Waren die volle Verantwortung trugen. Je wertvoller die Fracht, desto mehr konnte verdient werden, aber desto größer war auch das Risiko, das beim Transport getragen werden musste. Eine besondere Bedeutung hatte dabei sicher der Transport von Salz. Es war lebensnotwendig, diente mehr als heute zum Haltbarmachen von Nahrungsmitteln und nicht überall gab es nutzbare Lagerstätten. Aus diesem Grund war damals der Salzhandel bzw. -verkauf geregelt. Bevor das einst weiße Gold zum billigen Massenprodukt wurde, sorgten Privilegien dafür, in welche Taschen die Gewinne aus dem Salzhandel flossen. Im Erbbuch von Niederzwönitz von 1693 ist die Regelung des Salzverkaufes im Ort zu lesen. So ist dort im CAPUT III. aufgeführt, dass in der „Erb-Schencke“, dem nicht mehr vorhandenen Lehngericht, ein Salzkasten stand, aus dem mit vom Herrn von Schönberg festgelegten Maßen das Salz zu holen sei. Der Salzverkauf befand sich also unter der Aufsicht des Erb-, Lehn- und Gerichtsherren. Wer diese Ware über eine lange Strecke herbeischaffte, hatte eine sichere Einnahmequelle.
Was einem Salzhändler in seinem beschwerlichen Alltag passieren konnte, soll an einem Beispiel verdeutlicht werden. Der ehemalige Pastor Andreas Franz (Dienstzeit in Niederzwönitz 1704 – 1753) begann 1712 mit der Erstellung eines Familienbuches. In diesem schrieb er nicht nur die genealogischen Daten von Familien, sondern erwähnte auch „Begebenheiten und Merckwürdigkeiten“ aus der damaligen Zeit.
Der Salzfuhrmann Georg Friedrich Günther (1754 – 1804) erlitt beim Übersetzen über die Saale folgendes Schicksal (Originaltext):
„Er ist d. 5.Septbr.1804 bei Bad Dürrenberg in der Saal ertrunken. Er war als Fuhrmann bei seines Vaters Bruder, dem Salzfuhrmann Günther seinem Geschirr allhier, holte Salz von Artern nach Dürrenberg, als der Wagen über die Saal mit der Fähre gesetzt, ging er zurück, um noch etwas im Wirthshause zu holen, da die Fähre abgegangen war, ergreift er einen Kahn, um nachzufahren, stürzte beim Rudern aus demselben ins Wasser, wurde nach einer halben Stunde tod herausgezogen, blieb ohne Kennzeichen des Lebens, und ist in Keischberg d. 7.Septbr.1804 beerdigt worden.“
Aber die Besitzer des BMG waren nicht nur Salzfuhrmänner, sondern auch Papierhändler. Für die in Richtung Flachland fahrenden Fuhrleute bot es sich an, mit dem in der Niederzwönitzer Papiermühle hergestellten Waren Handel zu treiben. Papier war damals keine Alltagsprodukt und auch hier kann vermutet werden, dass mit dem Transport und dem Verkauf dieser Produkte angemessener Gewinn erzielt werden konnte.
Es darf mit großer Wahrscheinlichkeit angenommen werden, dass mit dem Transport und Verkauf von Salz und Papier die Grundlagen dafür gelegt wurden, dass das Bergmeistergut damals eine Entwicklung nahm, die es später einmal zu einem herausragenden Gebäude werden ließ.
Nach dem Tod von Georg Fr. Günther 1734 wird ein Jahr später sein gleichnamiger Sohn Besitzer des BMG. Dieser Georg Friedrich Günther (1708 – 1742) übte ebenfalls den Beruf seines Vaters aus, war bei der Übernahme des Gutes unverheiratet und konnte es sich leisten, bei der Suche nach einer passenden Frau wählerisch zu sein. Die standesgemäße Braut wurde talabwärts in Dorfchemnitz gefunden. Johanna Rosina Hahn (1718 – 1744) war die Tochter des Land-, Erb- und Lehnrichters Johann Christoph Hahn, von 1704 bis 1745 Besitzer des sog. Stampfengutes im Ort. In diesem befindet sich heute das als Knochenstampfe bekannte Heimatmuseum. Die Copulation, der damals gebräuchliche Begriff für die Trauung, fand 1737 im Wohnort der Braut statt. Die materiellen Voraussetzungen für das Zusammenleben waren sicher sehr gut, aber der Verlauf der Ehe trotzdem von Schicksalsschlägen gekennzeichnet. Die beiden geborenen Kinder starben als Säuglinge und der Ehemann erlag nach nur ca. 7 Jahren Ehe der Schwindsucht, wie damals die Tuberkulose genannt wurde. 1743 erbte die 25-jährige und kinderlose Witwe das Bergmeistergut. Diese junge, durchaus als vermögend geltende Frau blieb nicht lange unverheiratet. Im August 1743 findet in der fränkischen Stadt Hof ihre 2. Trauung statt. Sie heiratet den Kaufmann und Papierhändler Johann Albrecht Wunnerlich (1718 Hof – 1762 Ndzw). Ein weiterer Aspekt hat sicherlich dazu beigetragen, dass es zu dieser Hochzeit kam. Die Schwester des an der Schwindsucht verstorbenen Besitzer des BMG, die 1705 geborene Christiana Günther war seit 1731 mit Johann Georg Wunnerlich (1692 in Hof – 1776 in Hof) verheiratet. Es war seine 3. Ehe. Er wurde im Familienbuch B von Niederzwönitz als „Erbbesitzer der Papiermühle zu Hof im Vogtlande, auch Papierhändler daselbst“ betitelt. Dessen Vater Johann Albrecht Wunnerlich (geb. um 1658) besaß die seiner Zeit einzige Papiermühle im Markgrafentum Ansbach-Bayreuth. Er kam 1691 in deren Besitz durch die Hochzeit mit Anna Ottilie Gipser, der Tochter des damaligen Besitzers. Die Mühle befand sich in der Nähe der Saale in Moschendorf. 1906 wurde dieser Ort im fränkischen Vogtland in die Stadt Hof eingemeindet. Der oben genannte Johann Albrecht stammte aus der 1. Ehe von Johann Georg. Somit kann das Jahr 1731 als Starttermin für eine etwa 75 Jahre dauernde enge Verbindung Hof/Niederzwönitz angesehen werden. Dass der Kontakt zwischen den Familien Wunnerlich und Günther durch den Papierhandel begründet war, ist mehr als eine vage Vermutung, ein zufälliges Treffen unwahrscheinlich.
Eine Reise von Zwönitz nach Hof an der Saale und zurück war im 18. Jahrhundert an einem Tag nicht machbar. Die Postmeilensäule, die auf dem Zwönitzer Markt errichtet wurde, gibt die Reisedauer um 1727 für eine Strecke mit über 18 Stunden an.
Foto: Die Postmeilensäule auf dem Zwönitzer Markt zeigt die Dauer einer einfachen Fahrt um 1727 in die Stadt Hoff an
Teil 2 folgt in Kürze.