Ein Kommentar aus Sicht der Protokollantin
Demokratie ist schwer. Zu dieser Erkenntnis bin ich wieder einmal gekommen, als ich am 14. Dezember 2021 in der Stadtratssitzung in der “Linde” Niederzwönitz saß und verschiedene Themen kontrovers diskutiert wurden. Es ist meine Aufgabe, Protokoll zu führen, um Ergebnisse zu dokumentieren und im Anzeiger sachlich darüber zu berichten. Nun bin ich kein Tonbandaufnahmegerät, sondern recht menschlicher Natur und so möchte ich aus gegebenem Anlass einmal etwas persönlicher schreiben als bisher. „Ihr müsst doch Stellung beziehen, endlich mal Eier in der Hose haben.“ Diese sehr emotionale Aussage einer Bürgerin zur Einwohnerfragestunde habe ich nicht zum ersten Mal vernommen, wenn auch nicht in diesem Wortlaut. Inhaltlich bezog sich dieser Satz auf die Aktion „Licht aus!“ von Kathrin Walther und deren Vorschlag, die Stadt könne doch ebenfalls bei Demonstrationen das Licht ausschalten. Einige zur Sitzung anwesende Bürger kritisierten, dass der Stadtrat erst darüber beraten wollte, ob die weihnachtliche Beleuchtung auf dem Markt freitags und montags während der Corona-Proteste ausgeschaltet werden soll. Ich habe im Laufe meines Lebens lernen müssen, dass mein sehr emotional geprägter Charakter oft größeren Schaden angerichtet hätte, wenn mich nicht ab und zu starke vernunftgeprägte und pragmatische Menschen um mich herum mit Sachargumenten „eingefangen“ hätten. Deshalb mag ich diese „Art“ Menschen sehr. Ich habe aber auch die Erfahrung gemacht, dass Emotionalität manchmal mehr voran bringt als kühle Denkstrukturen. Meist ist die Mischung das perfekte Maß. Die Kunst liegt wohl darin, so konstruktiv zu streiten, dass eine gute Lösung für alle(s) entsteht. Und sei es nur ein neuer Denkprozess. Schwarz und Weiß, Pro und Kontra, Für und Wider sind Synonyme, die aus meiner Sicht eine große Berechtigung haben, sollen sie doch im Idealfall zu einer „goldenen Mitte“ führen. Doch zurück zum Ausgangspunkt. Es ist sehr schön und auch gewollt, dass Bürger die Einwohnerfragestunde nutzen, um ihre Sorgen und Fragen tatsächlich an die Stelle zu tragen, die richtig ist – den Stadtrat. Die von ihnen gewählten Vertreter, die freiwillig im Ehrenamt wirklich die Vertreter der Zwönitzer sind, und der gewählte Bürgermeister wollen und sollen sich den Sorgen, Ängsten und Fragen ihres Ortes stellen. Wohlgemerkt des Ortes und nicht des Landes oder Bundes! Das möchte ich gerne noch einmal klar aussprechen, denn zu oft wird das missverstanden, so meine Erfahrung. Gespannt verfolgte ich daher die Wortmeldungen der einzelnen Stadträte, die verschiedene Sichtweisen vortrugen. „Wir haben uns den Kopf zermartert. Egal, wie wir uns geäußert haben, uns wurde das Wort im Mund umgedreht… Zum Beispiel die Aktion „Wir für Zwönitz“. Sofort haben die Freien Sachsen das zum Anlass genommen und uns „benutzt“ und geschrieben, dass Zwönitz die Pandemie für beendet erklärt und ein Volksfest feiert. Keiner von uns ist radikal…. Ich grenze mich ganz klar von allen Radikalen ab. Ich grenze mich aber nicht von Bürgern ab, die blind hinterherlaufen ohne zu wissen, wem sie hinterherlaufen. Ich gehe mit den Bürgern ins Gespräch. Jeder der meinen Facebook-Account verfolgt, weiß das…“ „Ich bin dankbar, dass die Frage gekommen ist. Ganz klar: ich habe das Licht ausgemacht. Bei mir ist es dunkel.“ „Ich war auch dafür. Ich war sogar für das Ausschalten der gesamten Straßenbeleuchtung. Dann habe ich aber mit jemanden geredet, der mir gesagt hat, dass ich verrückt sein muss. Dann kommen die Idioten und brennen Fackeln an. Was macht ihr dann? Damit fordert ihr die doch gerade heraus. Lasst das um Himmelswillen. “ „Unser Problem ist die stille schweigende breite Masse – wie kann man die sichtbar machen? Das mit dem Licht wäre eine Möglichkeit. Wenn nicht viele mitmachen, bestätigt das die Demonstranten. Wenn viele mitmachen, kommen sie mit Fackeln.“ „Jede Reaktion löst eine Gegenreaktion aus. Wir haben uns positioniert und wir wissen, was daraus gemacht wird.“ „Meine persönliche Meinung ist, dass wir alles tun sollten, um die Gräben, die die Pandemie reißt, wieder zuzuschaufeln. Wir sollten die Situation nicht verschärfen. Irgendwann ist diese Pandemie vorbei. Wir wollen dann wieder das Leben aufnehmen, wie wir es vor der Pandemie kannten. In der Vergangenheit hat uns der Zusammenhalt stark gemacht, nicht die Teilung. Auch hier im Stadtrat hat das „im Sinne für Zwönitz“ entscheiden uns bisher ausgemacht, trotz politisch unterschiedlicher Ansichten.“ „Wir haben seit zwei Wochen relativ Ruhe in der Presse. Der Fokus liegt im Moment auf anderen Ortschaften. Ich habe die Einschätzung, dass es in Zwönitz nicht schlimmer ist als andernorts, wir sollten abwarten. “ „Wer soziale Medien verfolgt hat, weiß, dass sich viele Stadträte positioniert haben… Ich bin nicht für lautes Geschrei, sondern für leise Diplomatie.“ „Wir als Stadträte haben die Demonstranten eingeladen und Stunden geredet. Es ist schwierig, sich sachlich auszutauschen. Meine Frage war immer: Warum geht ihr hier demonstrieren? Wir können nichts machen. Die Gesetze werden in Dresden und Berlin beschlossen. Hier auf die Straße gehen, ist nicht zielführend. Die große Politik wird woanders gemacht. Wir haben immer wieder betont, dass sich an die Regeln gehalten werden muss, wenn man was macht. Meine Meinung ist, dass die breite Masse zu viel schweigt. Ich habe mit Händlern gesprochen, die machen ihren Laden zu, wollen aber nichts unternehmen. Jeder wartet ab, dass die Stadt, der Stadtrat was macht. Dieser weiß aber nicht, wie die stille breite Masse wirklich tickt. Es ist schwer.“ „Wir können nicht leugnen, dass es die Pandemie gibt. Es tut mir leid, dass sich die Leute nicht schützen. Ich als Demokrat will mich auf keine Seite stellen. Es ist alles gerade am Abklingen. Wir sollten nichts tun.“ „Ich bin froh und bin dankbar, dass Frau Walther den Mut hatte. Man muss jetzt aber aufpassen, dass man kein Öl ins Feuer gießt. Ich habe auch das Gefühl, dass sich die Lage gerade in Zwönitz beruhigt.“ „Wir bekommen von allen Seiten Dresche. Das, was wir machen können ist, uns in der Mitte aufhalten, um rechts und links in die Diskussion zu gehen. Wir sind alle in einem Lernprozess. Vor zwei Jahren waren wir noch ahnungslos. Ich mag Spahn nicht, aber er hat einmal gesagt: ,Wir werden uns hinterher viel verzeihen müssen.’ Vielleicht können wir jetzt schon damit anfangen…. ,Ein Titel in einer Zeitung hieß: Was ist denn, wenn ich unrecht habe?’ Ich weiß es auch nicht, was das Richtige ist. Es gibt eine Info hier und eine andere da. Im Moment wünsche ich mir nur, dass in den nächsten Tagen und Wochen der Weihnachtsfrieden einkehrt…. Die Situation auf den Intensivstationen ist wirklich dramatisch. Es hat auch in Zwönitz einige junge Leute erwischt. Es muss Ruhe einziehen!“ „Ein Argument fehlt mir völlig. Was ist mit unserer Tradition? Das Licht heißt Hoffnung. Vor einem Jahr haben wir es symbolisch angeschaltet, um die Zeit zu überstehen. Wir sollten uns unsere Tradition bewahren und nicht politisch missbrauchen lassen.“ Fast zwei Stunden diskutierten die Stadträte dieses Thema kontrovers. Dabei wurde die Zivilcourage von Frau Walther wertgeschätzt. Dennoch sprach sich die Mehrheit aufgrund der vorgebrachten Argumente gegen das Abschalten der Marktbeleuchtung aus. Liebe Frau Walther, ich weiß, dass viele hinter Ihnen stehen. Ich glaube auch zu wissen, dass es etliche Stadträte geben wird, die sich privat Ihrer Aktion anschließen.
Zwei weitere Fragen bewegten die Bürger:
Was hat die Stadt bisher getan, um die Gräben, welche Coronagerissen hat, zu schließen?
„Wir versuchen schon seit mehreren Monaten zu reden und zu vermitteln. Wir haben eine Einwohnerversammlung einberufen und beginnen jetzt jeden Stadtrat mit einer Bürgerfragestunde. Wir haben den Streetworker Christoph Ullmann beauftragt, mit den Demonstranten und der Polizei zu sprechen. Er war bei fast allen Demonstrationen vor Ort und hat versucht, zu vermitteln. Er hat es mit seiner Art geschafft, dass er respektiert wird. Jeder kann ihn einordnen. Das ist etwas, was wir beschlossen haben, weil wir gemerkt haben, dass der Wille sich mit uns direkt zu unterhalten, nicht so angenommen wurde, wie wir erwartet haben. Christoph Ullmann geht aktiv auf die Straße, um zu kommunizieren. Das gesellschaftliche Leben gleicht momentan einem Scherbenhaufen. Jeder, der in Vereinen aktiv ist, weiß was ich meine. Jeder ist dünnhäutig geworden, reizbar… Wir haben uns im Stadtrat den Kopf zerbrochen, wie wir die Themen angehen. Wir haben aber keine Blaupause, die eine Lösung vorgibt… wir haben uns aber mehrfach gegen rechtswidrige Demonstrationen abgegrenzt.“
Welches Bild zeichnet der Streetworker von den Montagsdemonstranten?
Es gibt einige wenige Radikale, aber die Mehrheit ist gesprächsbereit. Er versucht diese von einem legalen Weg zu überzeugen, ihre Kritik an die richtige Stelle zu adressieren. Er redet mit den Menschen und versucht aufzuklären.
Liebe Leserschaft.
Sie sind die stille breite Masse, von der der Stadtrat nicht genau weiß, ob sie die Demos gut findet oder nicht. Wenn ich von mir ausgehe, nervt mich dieses imageschädigende, illegale Verhalten an unserer Stadt gewaltig. Nicht nur der Stadtrat, sondern auch ich danke Frau Walther, weil sie nach einer Lösung ihres/ unseres Unmutes gesucht und einen Vorschlag unterbreitet hat und dessen Veröffentlichung Mut erfordert. Sie hat damit nicht nur stillschweigend „gewettert“. Ich persönlich hoffe, dass vielleicht auch nun der letzte vernünftige Demonstrant begreift, dass er mit seinem persönlichen Unmut gegen eine Politik, die nicht in Zwönitz gemacht wird, durch sein Auftreten auf der Straße nichts bewirkt und seinem und unserem Zwönitz sehr schadet. Gegen Radikalität ist leider schwer anzukommen und auch wenn viel auf die Polizei geschimpft wird (die im Übrigen auch nur Menschen sind), bin ich überzeugt, dass diese einen guten Job macht. Nach dieser Sitzung am 14. Dezember bin ich um 00:15 Uhr mit einem guten Gefühl nach Hause gegangen, weil konstruktiv gestritten und kleine gangbare Wege gefunden wurden. Ebenfalls durfte ich erleben, dass sowohl bei der Neugestaltung des „Roß-Hofes“ unterschiedliche Denkweisen vorgetragen und an der Gestaltung mitgewirkt wurde, dass ein neues Konzept für das Gelände der Knochenstampfe in Dorfchemnitz schöne Aussichten für die Zukunft gezeichnet hat und dass durch die Verkäufe der Grundstücke „Am Brünloser Freibad“ viele auswärtige Familien in Zwönitz sesshaft werden wollen. Von sieben Grundstücken wurden sechs an Familien aus Rheinland-Pfalz, Thalheim, Chemnitz und Böhlen verkauft. Schön! Da kann ich nur sagen: Willkommen in Zwönitz. Nicht selbstverständlich ist auch, dass die Elternbeiträge für die Kitas trotz überall steigender Kosten nicht erhöht wurden und ihre Gültigkeit weiter behalten. Ich habe ebenfalls die Gewissheit mit nach Hause genommen, dass die verzerrte mediale Darstellung von Zwönitz nach außen zwar schwer reparierbar bleibt, aber nicht unmöglich ist, wenn weiter so sachlich nach Lösungen gestrebt wird. An dieser Stelle möchte ich mich persönlich einmal bei meinen Kollegen in der Verwaltung, bei dem Zwönitzer Stadtrat, meinen Vereinsmitgliedern, allen engagierten Bürgern und bei den Unternehmern unserer Stadt bedanken. Zwönitz ist und bleibt (für mich) etwas Besonderes, durch das Engagement ihrer Menschen. „Wir für Zwönitz“ ist für mich keine Phrase. Ich lebe gerne hier. Und ich bin überzeugt, dass wir uns selbst helfen können, indem wir Herz UND Verstand benutzen. Ganz demokratisch! Ich wünsche Ihnen friedliche Weihnachten und ein gesundes neues Jahr.
Ihre Anne (Walter) vom Amt
Es zeigt sich wieder, dass wieder mal nur übereinander anstatt miteinander geredet wird. Traurig. Die Demonstranten oder Spaziergänger sind auch Zwönitzer wie die anderen Zwönitzer, haben aber zu bestimmten Dingen eine andere Sicht der Dinge. Diese Sichtweise ist genau so berechtigt, wie andere Meinungen.
Wer durch Verweigerung von Gesprächen oder durch Ausgrenzung (Licht ausmachen…) glaubt, das Problem lösen zu können, wird definitiv scheitern.
Ich finde es aus meiner persönlichen Sicht beschämend, überhaupt so was in Erwägung zu ziehen..
Und die alte Kamelle mit den Fackeln, bei allen notwendigen Respekt, das ist peinlich. Als würden Fackeln automatisch Nazis usw. bedeuten. Dann sollten wir Fackeln in Zwönitz oder in Deutschland gleich verbieten (Achtung Ironie). Und diese Leute in eine rechtsextreme Ecke zu drängen zweigt nur, dass man nicht ernsthaft gewillt ist, sich mit den Argumenten dieser Leute sachlich auseinanderzusetzen. Das ist ein (nach meiner persönlichen Sicht) ein Abwehrmechanismus, um in seiner eigenen Blase zu bleiben.
REDET endlich miteinander!!!!
Das Spaziergänger als ” brennende Fackel Idioten ” bezeichnet werden, zeigt bezeichnender Weise wieder einmal, wie es um Toleranz steht. Um es mal mit den Worten Martin Niemöllers auszudrücken: ” Als die Nazis die Kommunisten holten, habe ich geschwiegen, ich war ja kein Kommunist. Als sie die Sozialdemokraten einsperrten, habe ich geschwiegen, ich war ja kein Sozialdemokrat. Als sie die Gewerkschafter holten, habe ich geschwiegen, ich war ja kein Gewerkschafter. Als sie mich holten, gab es keinen mehr, der protestieren könnte.”. Wann, wenn nicht jetzt, täte es sonst Not, um eine Grenze zu ziehen und zu protestieren? Nicht weil es einem momentan selbst betrifft, sondern weil es die einzig richtige Entscheidung ist. Für euch, für unsere Kinder, für uns alle! Gegen eine Impflicht, die in dieser Form nur den Startschuss für weitere Verschiebungen der Grenzen darstellt, die uns wie so vieles in den letzten zwei Jahren als vermeintliches Ende der Maßnahmen vorgesetzt wird nur um uns doch wieder zu enttäuschen. Gegen eine Impflicht, weil hier ein Punkt erreicht ist, an dem nun endgültig die Frage beantwortet wird, ob wir noch in einer freien Gesellschaft leben, leben wollen und leben werden, oder ob wir jederzeit bereit sind, uns auf niedrigsten Untertanenstatus reduzieren zu lassen. Glaubt ihr wirklich, dass diejenigen, die euch seit anderthalb Jahren wegsperren, schikanieren und nachweislich belügen, diesmal Wort halten werden?