Mitten im Zentrum von Zwönitz steht an der von-Otto-Straße / Erhardtgasse der „Aufreger“ schlechthin, die Ruine des alten Meßgerätewerkes. Der Stadtrat ebnete in seiner Sitzung am 14. Juli im Brauereigasthof Zwönitz den Weg, diese endlich zu beseitigen.
Das Gebiet rund um die ursprüngliche Schuhfabrik Robert Erhardts, die von 1910 bis 1912 erbaut wurde blickt auf eine bewegte Vergangenheit zurück. Während aufgrund der guten Auftragslage bis 1924 noch Anbauten erfolgten, musste 1931 in Folge der Weltwirtschaftskrise die Firma „Robert Erhardt & Co. GmbH“ Konkurs anmelden und ging in die Zwangsvollstreckung. 1941 hieß der neue Eigentümer des ca. 20.000 m² umfassenden Geländes „Elbtalwerk Heidenau E.A.G.“. Nach Kriegsende wurde das imposante Gebäude ein Werkteil (Werk 1) des Meßgerätewerkes, welches zum bedeutendsten Arbeitgeber in der Gegend mit 13 Standorten und ca. 6.000 Mitarbeitern wurde. Im Kopfbau an der Erhardtgasse war die Kombinatsleitung untergebracht. Nach der politischen Wende vor 30 Jahren wurde dieser Bau leer gezogen und ein privater Investor erwarb das große Gelände, auf dem die Fabrik stand. Pläne, diese in ein Pflegeheim umzuwandeln, wurden jedoch nie umgesetzt. Nach und nach verfiel also diese Gewerbebrache und der Besitzer begann, Randflächen dieses Grundstückes zu veräußern. Unter anderem entstand das im letzten Jahr neu bezogene Ärztehaus. Da aufgrund der Randbebauung zunehmend die Gefahr bestand, dass ein Abriss der Brache und eine Revitalisierung des Gebietes durch fehlende Erschließungsmöglichkeiten unrealistisch wird, entschloss sich der Stadtrat auf Empfehlung der Verwaltung einen Bebauungsplan aufzustellen und eine Veränderungssperre zu erlassen. Dies bedeutet, dass während der Planungen keine weitere Bebauung mehr zugelassen wurde. Versuche, das Gelände als Stadt selbst zu kaufen, scheiterten. Im Februar kam der Zwönitzer Ricky Bochmann auf die Verwaltung zu, äußerte seine Kaufabsichten für dieses Gelände und erkundigte sich nach Fördermöglichkeiten. Da die Brache auf einem ausgewiesenen Altlastenstandort steht, ist mit vielschichtigen Problemen zu rechnen. Leider gibt es aktuell keinen Fördertopf für die Sanierung eines solchen Grundstückes durch Private. So beschloss der Stadtrat, den Unternehmer mit einem Zuschuss zu unterstützen. Es wurde eine Vereinbarung getroffen, bei der man das Vorhaben finanziell unterstützt, sich aber ein Mitspracherecht bei der Gestaltung der neuen Bauten vorbehält.
Nach aktuellen Plänen sollen zwei moderne Wohnblöcke mit fünf und drei Wohnetagen entstehen. Insgesamt ist in diesem beantragten ersten Bauabschnitt mit rund 30 Mietwohneinheiten zu rechnen. Die Bebauung orientiert sich an der Höhe des abzubrechenden Bestandes. Für Zwönitz wäre die Umsetzung dieser Pläne ein enormer Gewinn. Immer wieder wird beklagt, dass der Wohnraum in Zwönitz zu knapp ist. Der Standort mitten im Zentrum der Stadt wäre mit Sicherheit interessant für viele Wohnungssuchende. Die zentrale Lage mit Nähe zu vielen sozialen Einrichtungen, Einkaufsmöglichkeiten und Ärzten könnte auch für Auswärtige ein Kriterium für den Zuzug in unsere schöne Bergstadt sein. Doch bis dahin ist es noch ein weiter Weg.
Stadtrat Jens Roth sprach allen aus dem Herzen, als er den Mut dieser jungen Zwönitzer Familie, die hinter dem Projekt steht, honorierte. Dass Ricky Bochmann fachlich geeignet und mit Herzblut versuchen wird, dieses Projekt ordentlich umzusetzen, daran wurde an diesem Abend kein Zweifel gehegt. Bereits mit der Restaurierung der „Bahnhofseiche“ und dem auf diesem Gelände umgesetzten Neubau mit 15 Wohneinheiten hat er bewiesen, dass seine Vorhaben „Hand und Fuß“ haben. Sollte sich beim Abriss des alten „Meß“ herausstellen, dass der Kopfbau noch erhalten und saniert werden kann, will Ricky Bochmann dies versuchen. Dieser Fakt zeigt einmal mehr, dass ihn, ähnlich wie am Bahnhof, nicht nur Neubauten, sondern auch historische Gebäude begeistern. Was kann sich Zwönitz mehr wünschen?
In der Vorberatung des Technischen Ausschusses am 7. Juli hat Ricky Bochmann sein Vorhaben selbst vorgestellt und Fragen der Stadträte und berufenen Einwohner beantwortet. Natürlich gab und gibt es bei einem so großen Projekt kontroverse Diskussionen und so wurde bereits für den geplanten „Dreigeschosser“ der Kompromiss erwirkt, einen Teil dieses Gebäudes abgestuft von drei auf zwei Etagen zu reduzieren, um von der Talseite her eine etwas gefälligere Ansicht zu sichern. Im Großen und Ganzen stießen die Planungen aber auf sehr große Zustimmung.
Der Zwönitzer Stadtrat hat mit seinem einstimmigen Beschluss sowohl mit der Befürwortung des Bauantrages als auch mit der Aufhebung der Veränderungssperre für den Zwönitzer Unternehmer den Weg frei gemacht. Nun bleibt der Wunsch, dass diesem nicht zu viele Unwegsamkeiten sein Vorhaben vereiteln. Schon in den nächsten Wochen, nach Erteilung der Baugenehmigung durch das Landratsamt, könnte der Abriss beginnen.