Was für Berufspendler Fluch ist, ist für Kinder und Wintersportler Segen. Nach einigen Jahren Schneemangel gab es dieses Jahr endlich wieder ganz viel von der weißen Pracht. Vielleicht schon zu viel? In den Nachrichten hörte man Schlagzeilen wie „Jahrhundertwinter!“, „Ortschaften von Schneemassen eingeschlossen“, „Zugverkehr lahmgelegt“ und „lange Staus auf den Autobahnen“. Ähnliche Schlagzeilen hörte man auch im Jahr 1956, wo es ab Ende Januar hieß: „Eine Kältewelle hält Zwönitz im Griff. Am 29.01. werden -10°C, am 30.01. -18°C, am 31.01. -22°C und am 01.02. -19°C gemessen. Es kommt zu Stockungen im Zugverkehr.“ Anfang Februar „gibt es äußerst starke Schneefälle. Am Morgen des 9.2. beträgt die Temperatur -24°C. Der Frost hält auch am Tage an. Es gibt wieder große Zugverspätungen bis zu 9 Stunden. Morgens 8 Uhr fährt erst der 23 Uhr-Zug vom Vortage ein. Der Arbeiterzug 5.45 Uhr kam erst 11.15 Uhr an“(Zwönitzer Chronik, Teil 2, S.267). Bereits 1953 hatte man in Zwönitz mit Schneemassen zu kämpfen. Am 08.02. wurde „infolge des starken Schneefalls [..] auf öffentlichen Straßen und Wegen eine Großaktion zur Beseitigung der Schneemassen durchgeführt. An dieser Aktion nahmen rund 800 Einwohner mit je 3 Arbeitsstunden teil. Bereits am 05.02. wurden durch die bäuerliche Bevölkerung 200 Arbeitsstunden, einschließlich Gespannstunden, geleistet“. „Infolge Kohlenmangels fällt der Unterricht an der Schule 2 aus. In den darauffolgenden Wochen wurde ein Notunterricht im VEB Bekleidungswerk durchgeführt“ (Zwönitzer Chronik, Teil 2, S.232 f.). Diese Nachricht vom 09.02. 1953 wäre für die Schüler*innen heutzutage wohl kaum vorstellbar. Doch auch wenn Eis und Schnee einige Probleme bereiteten, überwog sowohl früher sowie auch heute die Freude über das herrliche Winterwetter. Ob Rodeln, Skifahren, Schneeballschlacht, Spazieren gehen oder Schneemann bauen, viele haben in den letzten Wochen den Schnee genutzt.

Schneekatastrophe im Umspannwerk Zwönitz - März 1965

1965 Winter: Dittersdorfer Straße, Schneelager, Raupe

Umspannwerk Zwönitz, Auszug aus dem Brigadetagebuch 1965, 25 Beschäftigte, Monat März:

03.03.1965

Auf Grund der anhaltenden Schneefälle vom 27.02. 1965 bis 01.03.1965 wurde unser Umspannwerk von der VVB Energieversorgung und Rat des Kreises zum Katastrophengebiet erklärt. Deshalb wurden Arbeitskollegen von der Energieversorgung Schwarzenberg, Karl Marx Stadt, Zwickau/Silberstraße und vom Energiebau Radebeul nach Zwönitz beordert. Bei dichtem Schneetreiben wurde in den Abendstunden des 03.03.1965 mit ca. 45 Kollegen der Kampf gegen die Schneemassen aufgenommen. Um das Umspannwerk zu erreichen, musste zuerst die Dittersdorfer Straße und die Zufahrt zum Umspannwerk geräumt werden.

04.03.1965

Durch die anhaltenden Schneefälle war es leider nicht möglich, die Straßen und Wege in unserer Anlage frei zu schaufeln. Der Dienststellenleiter hatte über die Werksleitung in Dresden Verstärkung angefordert. Insgesamt kamen 93 Kollegen in der Freiluftschaltanlage zum Einsatz. Es wurde in zwei Schichten gearbeitet. Die Kollegen wurden mit warmen Getränken und Abendbrot versorgt. Von der Schuhfabrik Zwönitz wurden uns Matratzen und Decken zur Verfügung gestellt. Damit war das Problem Übernachtung geklärt. Am späten Abend kamen die Kollegen der Betriebs- und Parteileitung aus Dresden, um sich von der Situation zu überzeugen. Der Schnee lag ca. 1.80 Meter hoch, man konnte die Bediengänge kaum noch mit Hand ausschaufeln. Technik wurde zum Aufladen eingesetzt und der Schnee wurde weggefahren.

05.03.1965

Endlich hatte das Schneetreiben aufgehört, so sah man wenigsten einen Erfolg bei den Arbeiten. Von allen Kollegen wurde in diesen Tagen sehr viel verlangt, es ging bis in die Nacht. Allen Kolleginnen und Kollegen, die an diesen Tagen so tatkräftig mit geholfen haben, sei hiermit ganz herzlich gedankt.

07.03.1965

Heute war der Vorsitzende vom Rat des Kreises Aue in unserem Umspannwerk. Er überzeugte sich von der Wirksamkeit des Katastropheneinsatzes in der Schneeberäumung. 

Nachbetrachtung:

1965 waren im UW Zwönitz die Spannungsebenen 220 / 110/ 30 kV als Freiluftschaltanlagen ausgeführt. Die 10 kV Schaltanlage befand sich in einem Schalthaus. Die 220 kV Anlage war 1956 in Betrieb gegangen. Die 30 kV und 110 kV Hochspannungsschaltanlagen wurden in den dreißiger Jahren als Innenraumanlagen in großen Schalthäusern eingebaut. Als das Umspannwerk Zwönitz gebaut wurde, entstand eine Freiluftschaltanlage für die die Spannungsebene 30 kV und 110 kV, das war sicherlich kostengünstiger als Schalthäuser und ging schneller zu bauen. Die Bedienung der Geräte erfolgte vor Ort. An den Schaltfeldern standen Bedienschränke. Die Bediengänge waren zur Hochspannung durch Latten abgegrenzt, sie führten von Schaltfeld zu Schaltfeld. Der Betrieb dieser Freiluftschaltanlage war immer wetterabhängig und hatte im Winter so seine Tücken. Auf Geräteträger in den Schaltfeldern befanden sich die Trennschalter. Diese waren in einen halben Meter Höhe montiert. Bei heftigen Schneefällen und Verwehungen versanken die im Betrieb befindlichen Geräte im Schnee. Die Bedienschränke waren nicht mehr erreichbar. Um bei einer Störung im Stromnetz handlungsfähig zu bleiben, mussten die Gänge und Schaltschränke ständig durch das Personal vom Schnee befreit werden. Um die Energieversorgung der Bergbauregion „Wismut“ und des Erzgebirges mit Strom sicherzustellen, musste das Umspannwerk handlungsfähig bleiben, was mit viel Kraftaufwand durch diesen Katastropheneinsatz gelang. Ab 1970 wurden die Anlagen ertüchtigt und waren vom Wetter unabhängig. Manfred Hanisch, EZV Zwönitz Heimatforschung Februar 2021

1965 Winter: Räumung der Bediengänge
1965 Winter: Umspannwerk Zwönitz, Blick in die 30 kV-110kV Anlage