Für viele Branchen ist das zurückliegende Jahr eine große Herausforderung gewesen. Besonders in der Kunst-und Kulturszene ist es extrem still geworden. Das große „Aus“ für Bühnen hat Künstler und Schauspieler hart getroffen. Auch Wencke Matthai aus Zwönitz. Sie ist Schauspielerin und Autorin, hat sich aber durch ihren Optimismus nicht unterkriegen lassen. Zwar sind Schauspielhäuser, Theater und Kabaretts aktuell noch immer geschlossen, aber eine ruhige Kugel schob Wencke Matthai bisher nicht. Im Gegenteil: Sie stand mehrfach in der Woche für ein Online-Krimispiel vor der Kamera, dass sie auch selbst mitentwickelt hat.
So wurde ihr kleines Büro, das sich im Obergeschoss des Hauses befindet, zu ihrer Bühne. Die Abläufe sind dabei ähnlich derer am Theater. Matthai meldet sich online bei der Abendspielleitung an und wirft sich anschließend ins Kostüm. Eine Maskenbildnerin gibt es freilich nicht – das muss sie selbst übernehmen. Statt der Bühnenscheinwerfer ist ein Ringlicht auf sie gerichtet.
Die Theaterbesucher müssen für diesen unterhaltsamen Abend ihre Wohnung ebenso wenig verlassen wie Matthai selbst. Sie können es sich auf der eigenen Couch – gern auch mit einem Gläschen Wein bequem machen, denn ein guter Tropfen passt wunderbar zum Thema des Stücks, ist aber natürlich keine Pflicht.
Denn die Zwönitzerin spielt im deutschlandweiten Online-Krimispiel „Rettet die Weinkönigin!“ die Leiterin des Tourismusverbandes Rheingau & Rheinhessen, Christine Salzmann. Taff und karriereorientiert schaut die Businessfrau gern mal über ihren Brillenrand direkt in die Kamera. Ein Blick, der durchaus unter die Haut geht. Die Onlineinszenierung hat das Improvisationstheater „Für Garderobe keine Haftung“ aus Wiesbaden entwickelt. Es ist die Antwort des Theaters auf die schwierige Pandemiesituation, die damit einhergehenden Maßnahmen. Das Ensemble jedenfalls hat einen Nerv damit getroffen. Mehr als 120-mal saß Wencke Matthai seit dem vergangenen Jahr in Zwönitz vor ihrem Rechner. Dabei hatte sie nur ein Ziel: Sie und ihre drei Kollegen wollen die Publikumsdetektive in die Irre führen. Denn die Ermittlungen übernimmt das Publikum. Es darf den Protagonisten Löcher in den Bauch fragen. Ihr Spiel vor der Kamera ist deshalb immer eine Mischung aus Improvisation und gelerntem Text: „Ich weiß ja nicht, welche Fragen mir das Publikum stellt. Auf der anderen Seite habe ich eine Geschichte, an der ich festhalten muss. Ich muss Eckpunkte und Informationen im Kopf haben, die ich dann auch bringen muss“, sagt Wencke Matthai. Ohne roten Faden würden die Ermittlungen der Zuschauer ins Leere laufen. Dabei sollen sie ja herausfinden, wer Weinkönigin Juliette entführt hat, was der Hintergrund ihrer Entführung ist und wo sich das Versteck befindet. Etwas überraschend sind für Wencke Matthai Momente, in denen sie plötzlich bekannten Gesichtern in der Zoom-Aufführung gegenübersitzt. „Wir waren beide dann tatsächlich überrascht, dass wir uns von Antlitz zu Antlitz sehen und wussten nicht so richtig mit der Situation umzugehen“, lächelt die Zwönitzerin.
Mit dem Online-Krimispiel hat das Improvisationstheater etwas geschaffen, dass die Welt für zwei bis drei Stunden etwas vergessen lässt. „Wir sind uns auch sicher, dass das die Zeit überdauern wird und wir noch ganz viele Geschichten entwickeln werden.“ Eine Geschichte, die ebenfalls als Online-Inszenierung umgesetzt werden soll, wird bereits entwickelt. Und eins steht fest, Wencke Matthai steht dabei erneut vor der Kamera.
Zwönitz kann sich über jeden kreativen Menschen freuen, der aus der aktuellen Situation das Beste macht. Wencke Matthai ist ein Beispiel dafür, genau wie ihr Mann Alexander Schnerrer, dem Inhaber der Gaststätte „Zur Börse“ in der Dreirosengasse. Auch er hat u.a. mit dem ersten Kürbisschnitzen im vergangenen Jahr oder seiner coronakonformen Tour mit einem Uralt-Traktor zu Mariä Lichtmess Kreativität bewiesen, um unter den schwierigen Gegebenheiten zu „überleben“. Wencke Matthai und Alexander Schnerrer – ein positives beispielgebendes Zweiergespann, so finden wir.