Ende Oktober verlässt das Schuhhaus Schneider mit seiner Filiale die Zwönitzer Lange Gasse und hinterlässt den nächsten Leerstand in unserer schönen Innenstadt. Jens Möckel sucht immer noch händeringend einen Nachfolger für sein seit über 30 Jahre erfolgreich geführtes Jeans- Fachgeschäft. Zunehmend verringern sich Öffnungszeiten bestehender Geschäfte, die sich aus den Folgen der Corona-Zeit ergeben haben. Auch außerhalb der Innenstadt muss man vertrauten Geschäften wie dem Schuhhaus Hübner bei der Schließung ohne Nachfolger ins Auge sehen. Frau Lohse hat den wohlverdienten Ruhestand erreicht und wenn man die Inhaber der (noch) bestehenden Geschäfte kennt, empfindet man große Dankbarkeit für jeden Tag, an dem sie noch ihre Türen für die Kundschaft öffnen, denn eigentlich könnten auch einige von Ihnen schon längst den Ruhestand begrüßen. Um die Innenstadt am Leben zu halten, braucht es interessante Einkaufsangebote, Feste und Gastronomie. Im Moment sind wir in Zwönitz damit noch gut bestückt, doch gefühlte Sicherheit ist absolut fehl am Platze. Viele Händler selbst, der Gewerbeverein und die Verwaltung mit Stadtbüro haben große Sorge. Das richtige „Allheilmittel“ gegen das drohende Ladensterben der Innenstadt scheint im Moment keiner zu finden. Ideen sind gefragt, aber nicht da. Sollte jemand von „außen“ einen Lösungsansatz haben, bitte an die Mitarbeiter des Stadtbüros wenden. Dafür sind diese da. Im Moment bleibt nur der Appell an ein stärkeres Zwönitzer Bewusstsein für den Aufruf des Gewerbevereins „Lauf nicht fort, kauf im Ort“.

Vom 22. bis 23. September besuchten Vertreter der Kleinstädte Demmin, Bönen und Münnerstadt Zwönitz, um unter der Leitung des Deutschen Instituts für Urbanistik (Vertreten von Dr. Elke Bojarra-Becker und Dr. Beate Hollbach-Grömig (unteres Bild v.l.n.r.) die aktuelle Situation zu analysieren und eine Außenwahrnehmung zu erzeugen.

Zwönitz will nichts unversucht lassen und stellt sich auch neuen Wegen ohne Garantie auf eine allumfassende Lösung dieser Problematik, aber immer voller Hoffnung. Im September 2020 hat das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) einen Aufruf an Kleinstädte herausgegeben, um eine Pilotphase zur „Rettung“ der Innenstädte mit wissenschaftlicher Unterstützung zu starten. Das Projekt wurde als „Kleinstadtakademie“ überschrieben – eine Art Ideenschmiede für Orte mit weniger als 20.000 Einwohnern. Zwönitz ist den Initiatoren als „Smart City“ aufgefallen und hat bei dem Modellvorhaben „Innenstadt (be)leben!“ unter der Anleitung des Instituts für Urbanistik Berlin seit November 2020 nun die Führungsrolle übertragen bekommen. Wir sind jetzt Teil eines Kleinstadtverbundes bestehend aus den Städten Bönen (Nordrhein-Westfalen), Demmin (Mecklenburg-Vorpommern) und Münnerstadt (Bayern), die Ansätze zur Belebung von kleinstädtischen Innenstädten erarbeiten und praktisch umsetzen sollen. Die Auftaktveranstaltung fand am 22. bis 23. September 2021 in Zwönitz statt. Ein erstes Kennenlernen wurde möglich, ein Stadtrundgang wurde organisiert und erste Workshops im neu sanierten „Poststall“ haben sich intensiv mit der gegebenen Situation in Zwönitz auseinandergesetzt. Am 28. bis 29. September erfolgte das zweite Zusammentreffen der Vertreter der vier Städte in Demmin. Am 13. bis 14. Oktober fuhren Sandy Rothe und Anja Schlitz als Delegation des Zwönitzer Gewerbevereins und Bürgermeister Wolfgang Triebert, Bauamtsleiterin Ute Hahn und Stadtbüromitarbeiterin Anne Walter in das Bayerische Münnerstadt. Hier wurden die verschiedenen Akteure zusammengeführt und Probleme und Ideen ausgetauscht.

Beim Stadtrundgang im Bayerischen Münnerstadt waren auch Vertreter des Zwönitzer Gewerbevereins dabei, die am Abend in den Austausch mit dem vor Ort ebenfalls sehr engagierten Gewerbeverein „Kaufhaus Mürscht“ gingen.

Zurück zur „Kleinstadtakademie“. Am 20. und 21. Oktober treffen sich alle Vertreter in Bönen. Wenn alle Sorgen, Nöte, Chancen und Ideen zusammengetragen wurden, geht es an die wissenschaftliche Auswertung und die Hoffnung ist groß, dass man danach praktische Ansätze für die Umsetzung in die Hand bekommt. Bleiben Sie also gespannt.

Und wie der Zufall es will, stieß der Münnerstädter Bürgermeister Michael Kastl auf eine über hundert Jahre alte Verbindung unserer beiden Orte. In der Schule im Ortsteil Wermerichshausen ist ihm auf einem an der Wand hängenden alten Klassenfoto ins Auge gestochen, dass dieses vom Fotoatelier Daniel Weißgerber aus Zwönitz aufgenommen wurde. Dieser führte das namhafte Atelier in Zwönitz von 1890 bis zur Übernahme durch seinen Sohn Hugo im Jahr 1921. Nun ist es eher unwahrscheinlich, dass um die Jahrhundertwende ein Fotograf ein Klassenfoto in 250 Kilometer Entfernung aufgenommen hat. Die abgebildete Klasse könnte also aus dem Zwönitzer Raum stammen. Für Hinweise zur Herkunft dieses Fotos und die abgebildeten Personen wären die Münnerstädter sehr dankbar und vielleicht lässt sich ja das Geheimnis lüften, warum es dort an der Wand hängt.