Die nachfolgenden Sachverhalte entstammen einer Nachschrift der Originalchronik von St. Joachimsthal mit dem Titel „Erinnerungen aus der Geschichte der k&k – Bergstadt St. Joachimsthal (von 1515 bis 1800), auf 3400 handbeschriebenen Seiten. In vier Büchern gebunden und 1913 verfasst, sind diese ein Ehrengeschenk von Canonicus Mons. Gregor Lindner, Stadtdechant i. R., an die Stadt. Zum Thema Matthes Enderlein wurde daraus folgendes zusammengestellt. 1516 gehörte St. Joachimsthal zu den Geburtsstätten der Wissenschaft im Bereich Bergbau, Hüttenwesen und Mineralogie, wofür Georgius Agricola noch im 16. Jahrhundert die wesentlichen Grundlagen legte. Agricola selbst weilte von 1527 bis 1531 in St. Joachimsthal. Eine Beziehung zwischen Enderlein und Agricola war nicht feststellbar. Unter König Ludwig II, der den Grafen Schlick das Münzrecht erteilte, wurde in der Oberstadt neben dem Rathaus das Münzamt eingerichtet. (heute Museum). 1520 prägte man offiziell den ersten „Thaler“ (im Geheimen soll dies wohl schon im Jahr 1519 erfolgt sein). Die Einwohnerzahl stieg schnell auf 5000 und der „Thaler“, anfänglich als Guldengroschen bezeichnet, trat seine Reise über den Atlantik an, um der amerikanischen Währung in der späteren Geschichte ihren Leitnamen, den Dollar, zu geben. Schlick, der seine Burg „Freudenstein“ in nächster Nähe über St. Joachimsthal von 1516 bis 1518 errichten ließ, konnte so die rasante Entwicklung der Stadt unmittelbar verfolgen. Eine der ältesten Erzstätten von St. Joachimsthal war die Grube Konstantin mit Pferdegöpel aus dem Jahre 1518. Sie wurde 1530 in „Einigkeit“ umbenannt. Bis ins 19. Jahrhundert hinein war sie tonangebend im St. Joachimsthaler Silber- und Kobaltabbau. Ausgang der 1940er baute man Uran ab, mit den inzwischen bekannten negativen Folgen für die Umwelt. Der Förderturm aus dieser Zeit wurde in den 1990iger Jahren rekonstruiert. Heute ist die Grube ein Bergbau – Requisit, das man besuchen kann. Wer von Gottesgab in Richtung Karlsbad fährt, kann diesen imposanten Bau in St. Joachimsthal ohne Weiteres erkennen. Ende der 1990 Jahre konnten wir mit einer Gruppe Heimatforscher bis auf 540 Meter Tiefe in die Grube einfahren und die Zapfstelle des radiumhaltigen Wasser begutachten, das über ein Rohrsystem mit dem Radiumbad im Tal verbunden ist. J. Curie wies die Heilsamkeit dieses Wassers nach. Soweit ein Ausflug in die jüngste Vergangenheit. Im Amt des Schichtmeisters ab 1533 mochte Enderlein dem Grundherrn Schlick schon zu dieser Zeit im positiven Sinne aufgefallen sein. Er war ein umtriebiger Mann und befasste sich mit einer Holzordnung zum Umgang mit den immensen Holzmengen, die man für den Ausbau der Gruben benötigte. Seine Arbeit als Schichtmeister wurde gelobt. Er war ein vielseitig interessierter und mit genialen Ideen ausgestatteter Mann. Der Erfolg seiner Arbeit schlägt sich in einem weiteren Ereignis nieder. Nach nur 3-jährigem Aufenthalt in St. Joachimsthal wurde Matthes Enderlein im Dezember 1536 zum Bergmeister ernannt. In der Chronik heißt es dazu:„… Hans Weigert war Bergmeister unter ihm sind im Quartale Reminiscaere 17 Gänge fündig geworden sein Nachfolger als Bergmeister war Matthes Enderlein welcher freitags nach dem Feste Christi Geburt, durch die Grund-und Bergherren, die Grafen Schlick in seinem Amt am 29.12.1536 bestätigt wurde.“ Er war damit in St. Joachimsthal der zweithöchste Bergbeamte nach Berghauptmann Heinrich von Könneritz. Von 1538 bis 1548 verfasste er 17 Richtlinien für die Forstwirtschaft, um dem Raubbau an den Wäldern um St. Joachimsthal Einhalt zu gebieten. Später werden wir lesen, was an Gruben, Schächten und Ausbeuten während seiner Zeit als Bergmeister in St. Joachimsthal erreicht wurde. Von 1533 bis 1539 waren laut Berichten im Bergwesen von St. Joachimsthal 8800 Personen beschäftigt. Es gab 300 Schichtmeister und 800 Steiger in den St. Joachimsthaler Gruben und Bergwerken. Die Einwohnerzahl wird mit 18200 Personen angegeben. Im Anschluss an die 1540er Jahre sahen sich der Bergbau und die Münze in St. Joachimsthal vor einschneidende Maßnahmen gestellt. Am 26. September 1541 erließen die Grafen Schlick eine neue Bergordnung, die unwesentlich verändert 1548 vom böhmischen König als dritte St. Joachimsthaler Bergordnung herausgegeben wurde und an der aller Wahrscheinlichkeit nach auch Matthes Enderlein aktiv mitgearbeitet hat. Sie sollte für die künftige bergrechtliche Geschlossenheit Deutschlands von größter Bedeutung sein. Vom Jahr 1541 bis 1545 schrieb Enderlein das Bergformelbuch. Ferdinand I. von Böhmen beäugte argwöhnisch die Herrschaft der Schlicks, zu deren Städte ja auch St. Joachimsthal gehörte und bei denen Matthes Enderlein in Lohn und Brot stand. Die Schlicks wurden auf königlichen Beschluss entmachtet, ausgelöst durch fingierte Meldungen, übler Nachrede und haltloser Anschuldigungen. Auch wegen des Streits zwischen dem König und den Schlicks um das Münzamt und Münzregal. Dies geschah genau am 19. September 1545. Die Übernahme der Bergwerke für den König erfolgte durch besondere königliche Kommissäre am 23.September des gleichen Jahres. Auch Enderlein wurde seiner makellosen Bilanz durch unhaltbare Anschuldigungen beraubt. Aussagen des obersten böhmischen Berghauptmanns von Gendorf über Enderlein wurden jedoch im Nachhinein entkräftet und als unwahr bewiesen. Erspart blieb Enderlein allerdings nicht eine Vorladung zum König nach Prag wegen der erhobenen Anschuldigungen, welcher er Folge leisten musste. Es spricht wohl für Matthes Enderlein mit seinen Kenntnissen und seinem Erfahrungsschatz, dass ihn König Ferdinand I. mit allen Rechten und Pflichten als Bergmeister von St. Joachimsthal wieder einsetzte. Wie es danach weiterging erfahren Sie in Teil 3 der nächsten Ausgabe Text: Jürgen Viertel EZV Zwönitz AG Heimatforscher 2022 Quellen: Sind beim Verfasser einsehbar
Foto: „Einigkeit“ Fundgrube um 1930 (Foto: WFE GmbH Annaberg-Buchholz, Montanregion Krušnihory – Erzgebirge, o.p.s. – M. Urban)