Seit 1996 ist der 27. Januar ein gesetzlich verankerter Gedenktag und erinnert an die Opfer des Nationalsozialismus. Das Datum bezieht sich auf den 27. Januar 1945 als das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau und die beiden anderen Konzentrationslager Auschwitz durch die vorrückende Rote Armee befreit wurden. 2005 wurde dieses Datum zum Internationalen Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocausts gemacht. Seitdem sind Mahnung und Gedenken an die Gräueltaten der Nazis auch auf internationaler Ebene präsent. Auch der aktuelle Krieg in der Ukraine, von wo aus jeden Tag neue Meldungen über Angriffe, Tote, Zerstörung und geflüchtete Menschen berichtet wird, gibt in diesen Zeiten Anlass zum Nachdenken und Gedenken an die Opfer. An diesem Tag trafen sich die Zwönitzer auf dem Platz der Einheit und zollten Tribut für die vielen Menschen, die durch die Nationalsozialisten ihr Leben verloren. Mit den Antikriegsliedern „Sag mir, wo die Blumen sind“, den „Moorsoldaten“ und zwei Gedichten, welche die Schüler der Klasse 5b mit ihren Lehrern vorbereiteten und vortrugen, wurde den Opfern gedacht. Auch Wolfgang Triebert ging es in seinen Worten darum, gleiches nicht wieder geschehen zu lassen. Zum Schluss der Veranstaltung ging es auch dem Bündnis „Zwönitz Miteinander“ darum, mahnende Worte, auch im Hinblick auf den Krieg in der Ukraine, erklingen zu lassen.
(Text: Redaktion)
Zum ersten Gedenktag an die Opfer des Nationalsozialismus nach der Corona-Pandemie gedachten zahlreiche Zwönitzerinnen und Zwönitzer den Millionen Toten infolge des nationalsozialistischen Rassenwahns. Am 27.01.1945 wurde das Konzentrationslager Auschwitz befreit. Seit 1997 verleiht Deutschland an diesem Jahrestag seiner Trauer über das Leid und den Verlust dieser Millionen Menschen Ausdruck, die auch aus Zwönitz stammten. 2005 legte die UN das Datum als internationalen Gedenktag fest. In Zwönitz gestalten dieses Gedenken am Platz der Deutschen Einheit immer abwechselnd Schülerinnen und Schüler der Oberschule oder des Gymnasiums. In diesem Jahr übernahm diese wichtige Aufgabe die Klasse 5b des Gymnasiums, die mit Gedanken von Bertolt Brecht, den Liedern „Sag mir, wo die Blumen sind“ und „Wir sind die Moorsoldaten“ sowie dem bewegenden Gedicht „Polen, im Jahr Neununddreißig“ die Anwesenden inne halten ließen. Bürgermeister Wolfgang Triebert betonte, dass wir alle die Ursachen für diese Verbrechen an der Menschheit nicht vergessen dürfen, auch wenn es bald keine Überlebenden mehr geben wird. Dies war auch die Motivation für den Verein Zwönitz Miteinander e. V., sich an der Veranstaltung zu beteiligen. Rund 150 bunte Papierkraniche an Bäumen und Sträuchern umrahmten das Mahnmal an diesem Wintertag. Deren Bedeutung erläuterte Isabel Schauer in einer kurzen Ansprache: „Der Kranich steht in der griechischen Mythologie für Wachsamkeit und Klugheit, die es braucht, um aus der Geschichte zu lernen. Er ist aber auch der Vogel des Glücks, weil wir glücklich sein können, nicht im Nationalsozialismus leben zu müssen.” Mit Trauerkränzen und -gestecken bekundeten die Stadtverwaltung Zwönitz, die Partei Die Linke, Ortsgruppe Zwönitz und der Verein Zwönitz Miteinander e. V. ihre Anteilnahme.
(Text: Verein Zwönitz Miteinander e. V.)
Den Toten zum Gedenken – Den Lebenden zur Mahnung. Zwei Gräber unbekannter KZ-Häftlinge in Zwönitz
In Deutschland bestehen heute insbesondere im Bereich der früheren Konzentrationslager weithin bekannte Gedenkstätten. Dachau, Buchenwald, Flossenbürg, Sachsenhausen, Ravensbrück, Bergen-Belsen und Neuengamme sind Dreh- und Angelpunkte des Gedenkens, der Bildung und der Erforschung der Gräuel der NS-Zeit. Doch auch weit abseits der großen Lager finden sich zahlreiche Zeugnisse nationalsozialistischer Verbrechen, unsagbaren Leids und damit verbunden bewegender Schicksale, so auch in Zwönitz. Wer war jene unbekannte Frau, deren Grab fast schon versteckt hinter der Dorfchemnitzer Kirche zu finden ist? Wer war jenes unbekannte Mädchen, das 1945 auf dem Trinitatisfriedhof in Zwönitz bestattet wurde, an der Seite dreier Zwangsarbeiter? Augenzeugenberichte, zusammengetragen von Altbürgermeister Uwe Schneider, ein Eintrag in der Dorfchemnitzer Chronik sowie Ergebnisse von Forschungsprojekten jüngerer Zeit erlauben es den Leidensweg der beiden Unbekannten nachzuvollziehen. 1944 wurde infolge der Besetzung Ungarns durch die deutsche Wehrmacht und der Einsetzung einer den Nazis gefügigen Verwaltung mit der Internierung und Deportation der jüdischen Bevölkerung Ungarns begonnen. Zahllose Deportationen endeten nahezu ausnahmslos im Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau. Die jüdische Bevölkerung innerhalb von Budapest blieb von Deportationen zunächst verschont, bis im November des Jahres 1944 auch die Internierung der jüdischen Stadtbevölkerung in einem Ghetto begann, um insgesamt 79.209 Personen als Leihjuden, als Arbeitssklaven, an das Deutsche Reich auszuliefern. Hier begann auch der Weg der beiden Unbekannten auf den Zwönitzer Friedhöfen. In überfüllten Viehwaggons, von ihren männlichen Verwandten getrennt, stehend, frierend und hungernd, ohne Wasser und ohne Toiletten, wurden die beiden zusammen mit hunderten anderen in das Frauen- und Kinderlager Ravensbrück nördlich von Berlin verbracht, das durch die Aufnahme von Evakuierungsmärschen aus den besetzten Ostgebieten bereits restlos überlastet war. Schlecht versorgt, bei Minusgraden in Zelten untergebracht, oft zu viert ein Bett teilend, wurden die ungarischen Frauen fünf Wochen lang geschunden und misshandelt. Am 17. Januar gehörten die beiden zu einer Gruppe von 700 Frauen, die in offenen Güterwagen von Ravensbrück nach Penig in Sachsen überführt wurden, um in Fabriken Flugzeugteile zu produzieren. Sie wurden in unfertigen und von Ungeziefer befallenen Baracken ohne fließend Wasser im Bereich einer Kiesgrube in Langenleuba-Oberhain untergebracht. Täglich mussten die Frauen in dünner Häftlingskleidung vier Kilometer zur Fabrik laufen, wurden angetrieben und geschlagen, um dort bei Minimalverpflegung stehend im Akkord zu arbeiten. Die hygienischen Zustände waren so miserabel, dass Typhus, Tuberkulose, Lungenentzündungen und Hautkrankheiten innerhalb kürzester Zeit grassierten. In nicht einmal drei Monaten starben 10 Häftlinge allein durch die Lebensbedingungen, 70 weitere wurden als Sterbenskranke in eine sogenannte „Krüppelbaracke“ verlegt. Als sich am 13. April 1945 amerikanische Truppen dem Lager näherten, begann das Wachpersonal mit einer hastigen Räumung des Lagers. Die nicht transportfähigen Insassen der „Krüppelbaracke“ wurden zurückgelassen und kurze Zeit später von amerikanischen Truppen befreit. Alle anderen wurden auf einen Todesmarsch in Richtung Süden getrieben. Zu Fuß ging es für die ohnehin geschwächten und entkräfteten Frauen bis nach Chemnitz, wo im Arbeitslager der Astra-Werke übernachtet wurde. Vielen der Häftlinge, die noch in etwas besserer Verfassung waren, gelang hier die Flucht. Am 15. April wurden die übrigen Häftlinge weiter getrieben. Über Burkhardtsdorf und Thalheim gelangte die Kolonne nach Dorfchemnitz, wo ein Fliegeralarm die Aufseherinnen zu einer Marschpause zwang. Hier blieben drei Frauen im Graben zurück. Eine der drei war derart geschwächt, dass sie nach einer Nacht in einer Zelle eines örtlichen SA-Postens verstarb und tags darauf ohne Kennzeichnung regelrecht verscharrt wurde. Die Kolonne zog weiter nach Zwönitz, ein junges Mädchen, das nicht mehr gehen konnte, wurde auf den blanken Brettern eines Holzkarrens mitgenommen und verstarb während eines Zwischenhaltes auf dem Hof des Kühnhaider Bauern Emil Günther. Gegen die Anweisung des Wachpersonals, sie auf seinem Misthaufen oder im Wald zu verscharren, ließ dieser das Mädchen von zwei serbischen Zwangsarbeitern hinter der Friedhofsmauer des Trinitatisfriedhofes beerdigen. Der Leidensweg der anderen verbliebenen ca. 70 Frauen sollte noch einige Zeit weitergehen. In Schwarzenberg in Züge verladen ging es zunächst bis Johanngeorgenstadt und dann weiter nach Böhmen, 34 Frauen kamen in Theresienstadt an und wurden dort schließlich an das Rote Kreuz übergeben. Die anderen wurden nach insgesamt über 200 Kilometern Marsch bei Pilsen von alliierten Soldaten befreit. Wie für die meisten der auf den Todesmärschen Verstorbenen, lässt sich über die beiden Unbekannten kaum mehr in Erfahrung bringen, als ihr ungefähres Alter. Wer sie wirklich waren, wie sie hießen, wen sie liebten, was sie als Menschen ausmachte, ist verloren. Nur zwei bescheidene Gräber zeugen noch davon, dass es sie gab, dass es zwei Menschen gab, die grundlos und willkürlich wegen nicht mehr als ihrer mutmaßlichen Abstammung oder ihres Glaubens beraubt, gequält und versklavt wurden. Zwei Menschen, die schließlich fernab ihrer Heimat, fern ihrer Lieben und fern ihres wirklichen Lebens von fremder Erde bedeckt wurden. Zwei Schicksale, die stellvertretend für Hunderttausende stehen, denen letztlich noch nicht einmal ein schlichter schwarzer Grabstein beschieden war.
(Text: Marco Blechschmidt)