“Integriert doch erst mal uns!” ist der provokant formulierte Titel eines Buches, das Petra Köpping, heute sächsische Staatsministerin für Soziales und gesellschaftlichen Zusammenhalt, vor nunmehr 5 Jahren publiziert hat. Entstanden aus Gesprächen mit Demonstrierenden der Pegida- Versammlung in Dresden, ging sie in dem Sachbuch den Ursachen für Wut und Verzweiflung nach. Bis heute sind der Inhalt des Buches und die einhergehende Debatte aktuell. Im Rahmen der Veranstaltungsreihe “Zwönitzer Stadtgespräch” hatte der gemeinnützige Verein Zwönitz Miteinander e. V. Petra Köpping eingeladen, einige Passagen aus dem Buch zu lesen und im direkten Gespräch zu diskutieren. Rund 35 Bürger*innen folgten der Einladung ins Mittendrin. Die Lesung wurde dann fast ein Erzählcafé, mit lebendigem Meinungsaustausch, bei dem mehrere Generationen zu Wort kamen. Schwerpunkt war dabei die Nachwendezeit: Gibt es hier noch Aufarbeitungsbedarf oder ist das auch mal abgeschlossen? Für Petra Köpping ist eine Aufarbeitung – vor allem vor Ort – notwendig. Im Buch forderte sie 2015 noch die Aufarbeitung der Treuhand, die ist mittlerweile in 11 Bänden erfolgt*. In anderen Bundesländern versucht sie, zu sensibilisieren: “Ich frage dann in Bayern, was hat sich für euch seit der Wende verändert? Ihre Antwort: Wenig bis gar nichts. Und für uns Ostdeutsche? Alles.” Sie erlebe gerade auch in den alten Bundesländern ein größeres Interesse an den Themen der Ostdeutschen, denn vielen dort sei gar nicht bewusst gewesen, welche immensen Veränderungen auf die Menschen hier zugekommen seien. Insbesondere müsse man die Lebensleistung der Menschen hier wertschätzen, welche durch bspw. die Nicht-Anerkennung von Berufsabschlüssen in der Wendezeit stark in Frage gestellt wurde. Auch das abrupte Ende zahlreicher großer Betriebe, wie dem Meßgerätewerk, sowie der lieblose Umgang bei der “Abwicklung” waren für viele ein traumatisches Erlebnis, das bis heute oft nicht vergessen wurde. Einen Weg der Aufarbeitung sieht Petra Köpping daher im Erzählen und Zuhören. Das beginne oft schon in der eigenen Familie, in der manche die eigene Arbeitslosigkeit nach der Wende bis heute aus Scham vor den eigenen Kindern verbergen. Zwönitz hat eine zugewandte Demokratin empfangen, die viele wichtige Impulse für das weitere Stadtgespräch setzen konnte. Unstrittig ist, dass man über diese Probleme im Dialog sprechen müsse. Deshalb soll die Veranstaltungsreihe fortgesetzt werden. *Taschenbuchausgabe: Marcus Böick: “Die Treuhand. Idee – Praxis – Erfahrung 1990-1994”. Suhrkamp (2020)

Text/ Bild: Zwönitz Miteinander e.V.