Regentage seien die schönsten Tage, meinte Friedensreich Hundertwasser und sah die Farben leuchten. Das können Müller nur bestätigen. Erst das Wasser auf ihren Mühlen setzt die Produktion in Gang. Das Plätschern und Rauschen ist Musik in ihren Ohren, das sich drehende Wasserrad, die mit Wasserkraft angetriebenen Maschinen Kunst in ihren Augen. Zwei Jahre standen die historischen Maschinen im Technischen Museum Papiermühle Niederzwönitz still. Am 10. Juli 2018 wurde das marode gewordene Wasserrad abgebaut und die Umgestaltung, Sanierung und Restaurierung des Museums begann.
Nach über 3 Jahren Planung stand einigen das Wasser bis zum Hals. Mich als neue Museumsleiterin, eine abgeschlossene Baustelle nebst fertigem Museum erwartend, hat man ins kalte Wasser geschmissen. So viel war vor der Eröffnung noch zu erledigen… Doch gaben uns Förderer und Freunde stets Wasser auf die Mühle und nun, da sich das Wasserrad endlich wieder dreht, drehen die Mitarbeiter nicht länger am Rad.
Am 10. Juli 2020, exakt zwei Jahre nach dem Abbau, konnte das neue Wasserrad und mit diesem die Dauerausstellung feierlich eingeweiht werden.
Das Technische Denkmal Papiermühle hat auch als Museum eine Auffrischung erfahren. Nun sind neben den originalen Produktionsräumen die Wohnräume der letzten Fabrikantenfamilie der Papiermühle erlebbar. Im Alleingang via Smartphone erfahren die Besucher auf deutsch, englisch, tschechisch oder erzgebirgisch wie das Arbeiten sowie Leben unter einem Dach die Menschen und die Mühle gleichermaßen prägte. Eine Zeitreise durch die Produktions- und Wohnbereiche entführt ins Jahr 1938, das Jahr, in dem das Walzwerk, die modernste Maschine der Produktionsanlage, den original vorhandenen und noch funktionstüchtigen Maschinenpark komplettierte. Ein Gefühl beschleicht den Besucher, die Arbeiter und Bewohner könnten jeden Moment wiederkommen. Und wer sich traut, in der „Guten Stube“ Platz zu nehmen, wird vom sprechenden Sofa überrascht – zu hören sind Kindheitserinnerungen der Zwönitzerin Erna Kahl, der jüngsten Tochter der letzten Besitzer. Neu ist auch die Pappothek, die sich nicht nur mit dem letzten, 100 Jahre andauernden Kapitel der Papiermühle als Pappenproduktionsstätte beschäftigt, sondern eine kleine multimediale Forschungsstation zum Werkstoff Pappe darstellt. Hier erklärt „Herr Pappe“ in einem Memory für Kinder und Junggebliebene die Abläufe der Pappenproduktion.
Die Wä(e)nde durchbrechende Rennpappe lässt nicht nur ein Oldtimerherz höher schlagen, sie macht auch stutzig und neugierig auf den Begriff Pappe und die vielfältige Verwendung des Materials. Die grau bis bunte Welt der Pappe ist in Schubläden, Vitrinen und Medienstationen zu erkunden. Hier gibt es viel zum Anfassen, Spielen und Ausprobieren. Wer sich etwas näher mit dem Thema Papier- und Pappenherstellung beschäftigen möchte, kann sich mit seiner Gruppe ab 6 Personen für eine Führung durchs Gelände und Museum anmelden. Und wer den Kopf nicht in den Sand, dafür die Hände ins Wasser stecken will, darf Papier schöpfen, wie es im Mittelalter üblich war und sich sein Souvenir aus der Mühle selbst gestalten – genau das Richtige für Regentage in den Ferien.
Am ersten Eröffnungswochenende konnten bereits mehr als 80 Besucher das neugestaltete Museum bestaunen. Darunter auch Herr Ullrich Espig (siehe Titelfoto). Er war von 1966 bis 1992 Berufsschullehrer der Papiermacher in Schlema und hat an der Ausbildung von ca. 3000 Lehrlingen und 200 Meistern mitgewirkt.
Wir freuen uns über anhaltendes Interesse und möchten auch die Zwönitzer einladen, ihre Papiermühle wiederzuentdecken.
Wir haben nun für Sie geöffnet:
Mittwoch bis Sonntag, 10 bis 16 Uhr.
Ihre Paula Stötzer – Museumsleiterin