Am Sonntag, den 11.10., wurden gewöhnlich gekleidete Bürger mit auffälligen Kopfbedeckungen gesichtet – eine neue Bewegung, Vereinstracht, oder modische Empfehlung von Guido Maria Kretschmer? Bei genauer Betrachtung zeichnete sich ein Muster ab. Sie kamen alle aus Richtung Papiermühle und auf ihren Hüten standen die letzten Schlagzeilen geschrieben: „Hutfestival on Tour macht Station in Zwönitz“. Die Hüte waren aus Altpapier und die Gesichter strahlten vor Begeisterung. Was war da los?
Etwa 80 Leute unbestimmter Zielgruppe versammelten sich auf dem Mühlenhof, um einem seltsamen Spektakel beizuwohnen – eine Frau zwängte sich durch einen Tennisschläger und ein Mann ließ unvermittelt Dinge verschwinden, dann wieder auftauchen. Was war da los? Das Chemnitzer Hutfestival war los und diesmal nicht nur auf den Straßen der Großstadt, sondern hier in Zwönitz! Die Kulturregion unterstützt die Chemnitzer Bewerbung um den Titel Kulturhauptstadt Europas 2025*. Das Festival kommt so mit Stippvisiten in die Region und bindet Bürger vor Ort mit ein. Damit bietet sich ein Vorgeschmack auf das Kulturhauptstadtjahr.
An verschiedenen Orten der Kulturregion zauberte das Hutmobil für 30 – 60 Minuten Straßenkunst aus dem Hut. In Zwönitz waren eine Akrobatin und ein Zauberkünstler zu Gast. Sie verblüfften das Publikum für eine Stunde mit grenzenloser Körperbeherrschung und zauberhafter Performance. „Keine Angst, das tut mir mehr weh als euch“, war der humoristische Beitrag der Akrobatin, Sarah Twister, die mal eben ihre Hüfte ausrenkte, um sich aus dem Tennisschläger zu winden wie eine Schlange. Der Zauberkünstler Mario Richter weiß, worauf es in dieser schweren Zeit ankommt: Freundschaft, Frieden, Liebe, Geben… Das alles versteckte er in seinen Koffern, Tüten und Schachteln, um es vom Publikum auf wundersame Weise hervorzaubern zu lassen – eine Show mit Gänsehautgarantie, nicht nur wegen der frostigen Temperaturen. Am Ende ging der Hut um und jeder konnte geben, was ihm die Darbietung wert war. Ein kurzer Blick in den gut gefüllten Hut verriet, dass die Zwönitzer das „Geben“ bereits verinnerlichten und eine Spende für die Vergessenen der Pandemiezeit, nämlich die Künstler, übrig hatten. Die Veranstalter waren zufrieden und das Museum auch. Denn viele kamen der Aufforderung im letzten Zwönitzer Anzeiger nach und brachten reichlich Altpapier mit, das in der Hutmacherwerkstatt in ausgefallene Hüte verwandelt wurde. Der Hut stand allen gut und wärmte zugleich die kalten Ohren. Die Hände konnten sich die Besucher am frisch gebrühten Kaffee aufheizen und der noch ofenwarme Pflaumenkuchen wärmte von innen – ein Angebot der „Börse Zwönitz“, das von vielen dankbar wahrgenommen wurde. Insgesamt war es ein bunter, schöner Herbsttag in der Papiermühle Niederzwönitz, an den sich die Besucher gern erinnern werden.
*Wer Kulturhauptstadt 2025 wird, entscheidet sich bereits am 28. Oktober dieses Jahres. Europas Vielfalt und Zusammengehörigkeit erlebbar zu machen, ist das Ziel des Programms Kulturhauptstädte Europas: Der von der Europäischen Union verliehene Titel feiert das gemeinsame europäische Kulturerbe und zeichnet Städte und Regionen aus, die durch partizipative und nachhaltige Konzepte ihre kulturellen Besonderheiten erfahrbar machen.
Text: Paula Stötzer