Wer meint, im Museum bliebe es während pandemiebedingter Schließzeit still, irrt sich. Am 03.11.2020 konnte jeder Spaziergänger Keuchen, Kettenrasseln und undefinierbaren Krach aus der Papiermühle Niederzwönitz vernehmen, gefolgt von Rauschen, Rütteln und Rattern. Endlich war es soweit – die Pappenmaschine bekam nach 40 Jahren und altersbedingten Blessuren ein neues wollenes Gewand – den Endlosfilz. Der alte Filz war eingerissen, deshalb konnte die Pappenmaschine seit Wiedereröffnung der Papiermühle nicht vorgeführt werden. Die Papiermühle wurde ab 1847 zur Pappenfabrik umgebaut. Bis 1973 entstanden hier jährlich um die 80 bis 100 Tonnen Pappe aus Altpapier. Unter Einsatz der noch im Original vorhandenen und funktionsfähigen Maschinen wurde das Altpapier zerkleinert, aufgeweicht und zermahlen. Die wichtigste und zugleich älteste Maschine ist die Pappenmaschine. Die Papierfasern setzen sich hier auf einer Siebwalze ab und werden dann von der Gautschwalze aufgenommen. Ein Endlosfilz bringt die dünne Papierschicht zur Formatwalze, auf der mehrere Papierschichten aufgewickelt und so zu einer Pappe verdichtet werden. Im Gegensatz zu den anderen Maschinen, die mit einem historischen Hilfsmotor angelassen werden, läuft die Pappenmaschine ausschließlich mit Wasserkraft aus dem angestauten Zwönitzbach, der das Wasserrad anschiebt, welches wiederum über die Eichenholzwelle die Wasserkraft auf das Kammrad und Vorgelege überträgt. Die Transmission treibt letztlich mit vielen Lederriemen und Rädern die Maschine an. Fachliche Unterstützung und Expertise durch Pappenmachermeister Jörg Schöning und Restaurator Falk Zinke sowie Improvisationstalent und Manpower durch den Stadtbauhof Zwönitz waren nötig, um den Filz der Pappenmaschine zu wechseln – ein unwahrscheinlicher Kraftakt, der zu Produktionszeiten aller paar Wochen geleistet werden musste! Die Schwierigkeit besteht zunächst darin, die gusseiserne 250 kg schwere Formatwalze von der Maschine zu lösen, um den Endlosfilz, der weder Anfang noch Ende hat, herauszuziehen. Noch kniffliger wird es dann, den neuen Filz so einzufädeln, dass er glatt und gespannt über und unter die Walzen läuft, ohne durchzuhängen oder Falten zu werfen. Außerdem hat der Filz eine Laufrichtung, die beim Einfädeln besser gleich zu beachten ist. Natürlich muss die schwere Formatwalze, die das Pappenformat vorgibt, wieder eingesetzt werden. Fluchen und Freude lagen dicht beieinander. Doch nach knapp zwei Stunden Schwitzen, Schrauben, Hämmern und noch mehr Schwitzen war alles bereit für den „Jungfernlauf“ der Maschine mit neuem Filz. Die Spannung war unerträglich. Nach über zwei Jahren Stillstand ist die Funktion fraglich. Laufen die Räder? Halten die Riemen die Spur oder rutschen und reißen sie? Läuft der Filz ruhig, unter nicht zu viel oder zu wenig Spannung? Wie viel Wasserkraft kann der vielleicht doch an der einen oder anderen Stelle eingerosteten Maschine zugemutet werden? Über die Klappe im Wasserbett wurde nach und nach Wasser auf das oberschlächtige Wasserrad gelassen und tatsächlich kam alles in Schwung, die Maschine erwachte zu neuem Leben, unter erst zögerlichem Drehen und Klappern, das dann schneller und schneller, lauter und lauter wurde. Zum Erstaunen aller lief die Maschine wie geschmiert. Das war die Belohnung, ein tüchtig knatterndes „Dadadadadadanke“ von der alten Pappenmaschine, die noch lange nicht abgedankt hat. Nun wartet sie darauf, wieder vor Publikum vorgeführt zu werden. Die Aktion war Anlass genug, sich näher mit der Historie der Maschine zu befassen, die noch lückenhaft dokumentiert ist. Erste Recherchen hielten Überraschungen bereit, die in einem zweiten Teil zu lesen sind.

Text: Paula Stötzer