Nachdem das Polizeirevier Stollberg ohne das Wissen von Bürgermeister Wolfgang Triebert und der Stadtverwaltung bereits für den 26. April eine Hundertschaft der Sächsischen Bereitschaftspolizei für den sogenannten Montagsspaziergang angefordert hatte, glich unser Marktplatz auch in der Folgewoche wieder für einige Stunden einem Hochsicherheitstrakt. Der Grund waren verschiedene Aufrufe in den sozialen Netzwerken, sich am Montagsspaziergang auch in Zwönitz zu beteiligen.

Auf der einen Seite steht der teilweise verständliche Unmut vieler Bürgerinnen und Bürger über die von Bund und Land beschlossenen Einschränkungen der Grundrechte. Die andere Seite beleuchtete die Polizei über Lautsprecherdurchsagen. Aufgrund der hohen Inzidenzen von 342 im Erzgebirgskreis und 520! in Zwönitz (Stand jeweils 3. Mai 2021) seien angemeldete Demonstrationen nach gültigem Recht nur mit maximal zehn Personen zulässig. Für Zwönitz sei jedoch keine Demonstration angemeldet. Da sich trotzdem viele Personen auf dem Marktplatz aufhielten und einige davon Transparente tragen und Sprüche skandieren, läge somit eine widerrechtliche Versammlung vor, die von der Polizei mit Feststellung der Personalien und Verhängung von Bußgeldern geahndet werden müsse.

Trotz der Hinweise der Polizei setzten sich dann pünktlich um 19.00 Uhr einige in Schwarz gekleidete junge Männer Richtung Lange Gasse in Bewegung. Etliche Personen schlossen sich an. Nur wenige Augenblicke später riegelte die Polizei die Lange Gasse sowohl auf Höhe des Mühlberges als auch von der anderen Seite vor dem Hotel „Roß“ vollständig ab und kesselte somit ca. 100 Personen ein.

Diese Szenen zeigen die momentane Zerrissenheit in der Gesellschaft. Und wie oft werden sie sich noch in Zwönitz wiederholen? Diese Frage veranlassten Bürgermeister Wolfgang Triebert, eine diesbezügliche Sondersitzung des Stadtrates einzuberufen. Trotz stark verkürzter Einladungsfrist waren nahezu alle Stadträte und Ortsvorsteher anwesend. Die Sitzung sollte bewusst unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden, um der Polizei die Möglichkeit zu geben, ohne datenschutzrechtliche Zwänge die Stadträte umfassend zu brennenden Fragen und massiven Vorwürfen der Bevölkerung zu informieren. Leider erhielt der Bürgermeister kurz vor der Sitzung die enttäuschende schriftliche Nachricht „Wir werden an einer Stadtratssitzung nicht teilnehmen“. Die vorab formulierten Fragen zu Veranlassung, Zielen und einigen Details der Einsätze wurden lediglich mit jenen Antworten zugeschickt, welche auch den Medien bekannt gegeben wurden. Auch zur Verschwiegenheit verpflichtete Stadträte und der Bürgermeister haben offensichtlich kein Recht auf weiterreichende Informationen.

Trotz allem diskutierte der Stadtrat mehrere Stunden intensiv und konstruktiv die aktuelle Lage mit den erdrückenden Folgen der momentan für Bürger, Unternehmen und Vereine geltenden Corona-Einschränkungen. Über alle politischen Gruppierungen hinweg kann der Stadtrat die Argumente der Demo-Teilnehmer zum Großteil nachvollziehen. Es wurde kritisiert, dass die aktuell geltenden massiven Einschränkungen keinen vernünftigen demokratischen Diskurs zulassen. Dieser muss aber rechtlich möglich sein, um ein weiteres Anstauen von Verständnislosigkeit und Wut zu vermeiden. Es wurde parteiübergreifend nach gangbaren Wegen gesucht, um eine weitere Eskalation der Lage zu verhindern. Dabei war sich der Stadtrat einig, dass es nicht mehr zur Einkesselung friedlicher Bürger kommen darf. Mehr Polizisten führen zu immer aggressiverem Verhalten und ziehen zusätzlich radikale Randgruppen von Außerhalb an, welche die friedlichen Proteste der Bürger unterwandern. Statt befriedet, wird aufgeheizt. Diese Negativspirale muss durchbrochen werden, auch wenn es am vergangenen Montag wieder nicht gelang.

Die große Mehrheit der demonstrierenden Bürger ist nicht radikalisiert, sondern will lediglich auf unübersehbare Missstände bei den aktuellen Corona-Entscheidungen in Bund und Land aufmerksam machen. Bei einer Begrenzung von Versammlungen auf maximal 10 Personen mit der Verpflichtung zum Tragen von Mundschutz ist dies nicht möglich. Wenn wissenschaftliche Studien beweisen, dass die Ansteckungsgefahr im Freien äußerst gering ist, muss diese Vorschrift dem aktuellen Wissensstand angepasst werden. Somit wird ein rechtskonformer Diskurs wieder möglich, an dem sich der Stadtrat dann gern beteiligt.

Auf jeden Fall müssen alle Proteste friedlich bleiben, denn Zwönitz ist eine friedliebende Stadt. Wir grenzen uns klar von jeglicher Einflussnahme ab, die von außerhalb passiert. Wir Bürgerinnen und Bürger unserer schönen Bergstadt mit ihren liebenswerten Dörfern transportieren unsere eigene Meinung, nicht jene von radikalisierenden Randgruppen. Und deshalb rufen wir alle Zwönitzerinnen und Zwönitzer auf, uns Fotos von sich selbst mit einer Bitte oder Botschaft an die Regierenden zu schicken. Wir fügen diese zu einer großen Collage zusammen, leiten sie an die Entscheidungsträger weiter und berichten über die Reaktionen. Einsendungen bitte bis Sonntag, den 16. Mai an anzeiger@zwoenitz.de. Aber bitte den Absender nicht vergessen, denn wir verarbeiten nur Botschaften aus unserer Stadt.

So kommt der Protest dort an, wo er hingehört und verstößt gegen keine Vorschriften.