Dass das Zwönitzer Genealogen-Stübchen nach mehr als 30 Jahren des Bestehens noch existiert, konnten die Familien- und Heimatforscher Sachsens in den vergangen drei Jahren nicht nur wegen der Veröffentlichung der Regesten zu den Quellen zur Orts-und Familiengeschichte, Bände 67 bis 69 (GB Zwönitz 102, 1555-1613; GB 81 1544-1573, GB 82 1574- 1618) nachvollziehen, der im Druck befindliche Band mit dem GB 83 1618-1649 schließt sich an, sondern auch an der Herausgabe des Ortsfamilienbuches Hormersdorf im Jahr 2021 sowie die komplette Übertragung des Kirchenbuchs der Gemeinde Wiesa (1585 – 1729) durch meine Frau Birgit zusammengefasst in Excel-Tabellen auf einer DVD, die seit April 2022 im Archiv des Adam-Ries-Bundes aber auch in unserem Stübchen einzusehen sind. Wenngleich bei allen Arbeiten ständig auf das Archiv-Material unseres Stübchens in den vergangenen 30 Jahren zurückgegriffen wird, so prägt die „Gelbe Quellen-Reihe“ des Adam- Ries-Bundes Annaberg seit Jahren ausschließlich Sonja Hildebrand. In Ihrer Person verschmelzen fundiertes Wissen mit handwerklichen Können und einer nie voll zu würdigenden Arbeitsleistung. Es ist nicht zu hoch gegriffen, wenn man ihre buchstabengetreuen Übertragungen der GB Wiesa und des Amtes Stollberg, die die Grundlage der Hefte 37 bis 41 bildeten, sowie die bisherigen 14 Hefte, die unter ihrem Namen erschienen, als Lebenswerk bezeichnen kann. Ohne ihre Übertragung der Depositen, hätte es wohl auch kein OFB Brünlos gegeben. In diese Reihe reiht sich Harald Mischnick aus Kronberg ein, der das handschriftliche von Mitarbeitern des Stübchens übertragene Kirchenbuch Hormersdorf neben einer Vielzahl weiterer Quellen so auswertete, dass die OFB Günsdorf und Hormersdorf entstehen konnten. Schließlich zehrt unser Stübchen auch von der Zuarbeit versierter Genealogen außerhalb von Zwönitz, wie Lars Brunner (Neuried), Falk Drechsel, (Cranzahl) und Klaus Schröpel (Thalheim). Nicht zuletzt krönt der Adam-Ries-Bund, an erster Stelle sei Prof. Dr. Rainer Gebhardt gedankt, mit den Veröffentlichungen in der Quellen-Reihe unserer Arbeiten, macht sie nicht nur dem Forscher in ganz Deutschland zugänglich, sondern bewahrt sie vor den Vergessen. Versetzen wir uns noch einmal in die Zeit nach der Wende. Mit der Wahl zum Bürgermeister musste ich meine in den 1980 Jahren im Rahmen der Arbeitsgruppen des Kulturbundes in Chemnitz und Annaberg (heute Adam-Ries- Bund) begonnenen Forschungen einstellen, was bezüglich von Zwönitz und seinen Ortsteilen jahrzehntelangen Stillstand in der frühen Heimatforschungen bedeutet hätte. Darum galt es neue Mitarbeiter zu finden. Mit Wolfgang Schnell und Sigrid Wöllner begann 1992 die Übertragung Kirchenbuches von St. Trinitatis (ab 1589) mit dem Ziel ein Ortsfamilienbuch Zwönitz auf die Wege zu bringen. Von Beginn an war die Gründung des Stübchens zunächst ein Asyl von vielen intelligenten arbeitslosen Frauen und Männer, die zwar mit Begeisterung an ihre Aufgabe gingen, aber kaum Voraussetzungen mitbrachten. Keiner von ihnen war durch eigene Ahnensuche vorbelastet. Selbst die alten deutschen Schriften mit dem Gänsekiel, die Sütterlinschrift, auch minimale Kenntnisse lateinischer und theologischer Begriffe mussten erst neu erworben werden. Wie oft musste ich in den ersten Jahren nachlesen, Fehler ausmerzen, Begriffe erläutern. Allein der ständige durch das Arbeitsamt geforderte Wechsel des ABM-Personals wirkte sich hindernd aus und bereitete große Probleme. Und doch schufen die 36 Personen durch jahrelange Auswertung der Kirchen- und Gerichtsbücher die Ortsfamilienbücher Zwönitz, Kühnhaide, Lenkersdorf, Dorfchemnitz, Günsdorf und Niederzwönitz für den Zeitraum 1460 – 1702. Sie alle können im Archiv des Adam-Ries-Bundes, im Staatsarchiv in Leipzig und im Stübchen eingesehen werden. Im Jahre 1993 begann auch die Übertragung der Zwönitzer Gerichtsbücher von Mikrofilmen aus dem Sächsischen Staatsarchiv. Neben den schon erwähnten Schwierigkeiten kamen noch die fehlenden Kenntnisse der mittelalterlichen Sprache mit ihren heute völlig unbekannten Begriffen hinzu. Nicht immer half das Grimm’sche Wörterbuch weiter. Zug für Zug aber wurde die Zwönitzer Geschichte, die bisher zwar von den versierten Forschern, ich nenne nur Pfarrer Löscher, seinen Sohn Dr. Hermann Löscher, in Details wissenschaftlich aufgearbeitet wurde, in ihrem ganzen Umfang sichtbar. Hier waren es die Zwönitzer Heimatforscher Werner Leistner und der leider zu früh verstorbene Klaus Müller, die auf der Grundlage der ausgewerteten Kirchen und Gerichtsbücher Güter- und Häuserlehnbücher anlegten, die den Ursprung von heute noch existierenden Bauernhöfen und Gebäuden seit dem 16. Jahrhundert dokumentieren. Ohne Klaus Müller wäre Stefan Schneiders Ortsbuch von Kühnhaide weniger vollkommen, ohne die Forschungen des Stübchens wäre ich mit meiner Chronik Teil I (960 – 1945) nicht so weit gekommen. Noch heute sieht man Jürgen Viertel, auch Gunter Lasch, natürlich auch viele fremde Forscher, die Unterlagen des Stübchens nutzen. Noch liegen mehrere Mikrofilme mit Zahlen und Fakten der Zwönitzer Geschichte einschließlich der Ortsteile, ohne Übersetzung im Stahlschrank, warten noch viele Schätze auf ihre Entdeckung. Es wäre schön, wenn wieder Interessenten Interesse am Stübchen finden würden, auch wenn heute an ABM nicht mehr zu denken ist. Über Uwe Teumer, Mitarbeiter der Stadtverwaltung, könnte sich vielleicht eine kleine Aufwandsentschädigung mittels sozialer Programme des Freistaates finden lassen. Schließlich gilt es, diesen in Zwönitz lagernden wertvollen Schatz an Wissen für die Heimatund Familienforschung zu nutzen. Gestatten Sie mir bitte noch einige persönliche Bemerkungen. Nach mehr als 30 Jahren ist es an der Zeit, mich als Ansprechpartner unseres Stübchens zurückzuziehen. War es in meiner Amtszeit als Bürgermeister noch verhältnismäßig leicht, über ABM und soziale Programme, Mitarbeiter zu werben, Anträge und Arbeitsberichte auszufüllen, auch mit Rat und Tat Einfluss auf Projekte auszuüben, so erschweren die heutigen Bedingungen das Wirken mehr und mehr, so dass ich mich im Alter von 79 Jahren in die zweite Reihe stellen möchte. Mir fällt das umso leichter, da mein Amtsnachfolger, Bürgermeister Wolfgang Triebert, das Stübchen weiter materiell und finanziell unterstützt. Besonders glücklich bin ich aber, dass mit dem Zwönitzer Andreas Lippold (siehe Foto) ein ehrenamtlicher Hobbygenealoge gefunden wurde, der in den letzten Jahren unermüdlich unsere Bestände aufarbeitete und neue Projekte angegangen ist. So ist es für uns ein Glücksfall, dass ein kompetenter Ansprechpartner gefunden wurde und unser Stübchen mit dem reichen Schatz an gesammelten Informationen weiter existieren kann. Schließlich warten noch viele Projekte auf ihre Verwirklichung. Andreas verdient Ihre Anerkennung und Unterstützung und schließlich bin ich noch nicht aus der Welt.

Noch ein Hinweis an Familien- und Heimatforscher: Der Zugang zu dem Stübchen ist unabhängig von den Öffnungszeiten der Bibliothek und muss mit Andreas Lippold individuell abgesprochen werden. Trotzdem können sich Ortfremde über die Bibliothek registrieren lassen. Ein Anspruch auf die öffentliche Benutzung des Stübchens sowie die Ausleihe von Materialien besteht nicht! Ich danke allen Freunden der Heimatforschung für die jahrzehntelange Mitarbeit und hoffe auf eine Fortsetzung.

Glückauf! Uwe Schneider