Selten darf man über eine so lange und schöne Familien-Firmen-Geschichte schreiben, wie über die der Familie Müller in Zwönitz. Nicht mehr allzu lange und es sind 150 Jahre, in denen sich die Männer der Familie dem Karosseriebau und der Lackiererei verschrieben haben. Fokus der Handwerkerfamilie lag dabei immer auf die verschiedensten Formen der Fortbewegungsmittel, die sich der Mensch zu eigen gemacht hatte, um längere Strecken zurückzulegen. Begonnen hat alles mit dem Firmengründer Julius Müller im Jahr 1877, damals noch in der Rathausstraße 10. Als Sattler, Tapezierer und Wagenbauer bot er seine Dienste an. Da das erste Auto erst im Jahr 1886 offiziell in das Leben der Menschheit eintrat, war also zur Firmengründerzeit noch die Pferdekutsche das weitverbreiteste Fortbewegungsund Transportmittel. Sattlerarbeiten an Pferdegeschirren waren also eine der Hauptarbeiten von Julius Müller. Aber auch Sofas und andere Sitzgelegenheiten arbeitete der Sattler zur bequemen Nutzung auf oder stellte sie neu her. In die Fußstapfen trat dann im Jahr 1920 Sohn Philipp Müller und firmierte als Karosserie- und Wagenbauer. Sein Sohn Siegfried wiederum, übernahm im Jahr 1959 die Sattler- und Lackiererei seines Vaters. Selbst in der DDR-Zeit gelang es ihm, als selbstständiges Familienunternehmen weitestgehend unabhängig zu bleiben. So konnte im Jahr 1987 die nächste Generation mit Harald Müller das Unternehmen weiterführen bis zum Jahr 2015. Dieses ist heute noch für die Familie Müller eines der tragischsten Jahre, denn der Firmeninhaber verstarb völlig unerwartet und viel zu früh im Alter von nur 58 Jahren. Er ließ seine Frau Ute mit den beiden Söhnen André und Markus zurück. Die beiden Söhne arbeiteten zu diesem Zeitpunkt schon in der Firma mit und so übernahm Ute Müller die Firmenleitung und die kaufmännische Führung, während die Söhne ihrem Handwerk nachgehen konnten. Beide Söhne haben im elterlichen Betrieb ihre Ausbildung zum Lackierer absolviert und der älteste Sohn André hat 2004 noch seinen Meister abgeschlossen. Dieser hat nun das Firmengeschehen zum 01.01.2024 übernommen und sich an die Führungsspitze des Familienunternehmens gesetzt.

Auch wenn er jetzt offiziell „das Sagen“ hat, sind sich alle einig, dass in diesem familiären Rahmen Entscheidungen immer gemeinsam getroffen werden. Auch die beiden Gesellen Jens Titze und Dominik Merkel gehören fast mit zur Familie und werden aktiv in den Geschäftsalltag mit einbezogen. Zu den Hauptleistungen zählen natürlich die Lackiererei und Karosseriearbeiten, aber auch der Wechsel von Fahrzeugscheiben oder die Reparatur von Steinschlägen an Frontscheiben geht dem Team leicht von der Hand. Bei vielen Aufträgen bewegt man sich in einem kleinen Zeitfenster, denn das Auto wird immer wieder schnell von den meisten Menschen benötigt. Anders ist das bei Arbeiten an Oldtimern. Da bringen die Menschen meist mehr Geduld und Zeit auf. Oldtimer und alte Motorräder faszinierten die beiden Söhne schon immer und so ist es nicht verwunderlich, dass man auf diesem Gebiet auch über einen kleinen „Fuhrpark“ verfügt. Bei Festen und Festumzügen können die Zwönitzer und deren Gäste diese dann auch immer wieder einmal bewundern. Die Kunst bei Oldtimern die Linien „händisch“ zu ziehen, kann sicher kaum noch jemand. Dieses Können hat sich aber Markus von seinem Vater Harald abgeschaut. Diese Technik ist in einem bestimmten Kundenkreis sehr nachgefragt. Aktuell freut sich das Team über umfangreiche Aufträge aus dem Privatbahn- Sektor. Mit einem Bahnwaggon, den sie mit einem besonderen Design lackieren sollten, haben sie sich einen guten Ruf erarbeitet. Im Moment können sie sich also über Aufträge freuen, die sie von freien Bahnunternehmen übertragen bekommen. Es gab in der Vergangenheit auch „exotische“ Aufträge. So hat das Unternehmen auch schon einmal Paradehelme für das chilenische und venezolanische Militär, sowie für die schwedische Garde, lackieren dürfen. Für den Laien ist das soweit nichts Besonderes. Aber wenn man bedenkt, dass diese Helme aus straffem Leder gefertigt und flexibel formbar sind, sieht die Sache schon anders aus. Besonders schwierig ist das Ganze zudem, weil die Oberfläche in einem makellosen Glanz erstrahlen muss. Viele Stunden hat man dafür investieren müssen bis endlich die Rezeptur und das Verfahren stimmte und der Lack auf der Oberfläche hielt. Nur wenige Unternehmen weltweit beherrschen diese Technik. Familie Müller bedankt sich bei ihrer Kundschaft für das bisher entgegengebrachte Vertrauen und die Treue. Die Stadtverwaltung und die Redaktion des Zwönitzer Anzeigers wünschen dem Familienunternehmen André Müller und seinem Team weiterhin viel Freude und Erfolg.

Foto: Vorne v.l.n.r. André Müller, Ute Müller, Bürgermeister Wolfgang Triebert, Markus Müller, hinten v.l.n.r. Gesellen Jens Titze und Dominik Merkel