Volle Kisten mit der aktuellen Frühjahrs- und Sommermode stehen bereits im Geschäft von Jens Möckel. Was damit wird, weiß bisher leider noch niemand.
Für Jens Möckel war es tag täglich eine Selbstverständlichkeit: das eigene Modegeschäft in Zwönitz, der Gitarrenunterricht in der Stadt und die Musik in seiner Freizeit. Der Corona-Virus und all seine Folgen haben nicht nur bei ihm das Leben völlig auf den Kopf gestellt. Ganz Zwönitz ist förmlich erstarrt und kämpft mit den Folgen immer größer werdender Einschränkungen. Jens Möckel ist dabei nur ein Beispiel, bei dem alle Lebensbereiche in irgendeiner Form betroffen sind. Durch eine Allgemeinverfügung des Sächsischen Ministeriums für Soziales wurden ab dem 19. März 2020 ein Großteil, vor allem kleinere Geschäfte, bis vorerst zum 20. April geschlossen. Darunter auch das Geschäft von Jens Möckel, der kurz vor seinem 30-jähirgen Geschäftsjubiläum in Zwönitz steht und einer von vielen erfolgreichen Händlern ist, die unsere Innenstadt mit Leben füllen.
In den fast 30 Jahren, in denen Jens Möckel mit seinem Modegeschäft selbstständig ist, gab es immer wieder Herausforderungen. Mitte der 90er Jahre entbrannte ein Trend zu großen Einkaufscentern auf der grünen Wiese, die es den kleineren Händlern in den Städten schwer machten. Und auch der Onlinehandel ist seit Jahren ein großer Konkurrent. Umso mehr freut er sich über seine treue Stammkundschaft, die aus der ganzen Region nach Zwönitz zum Einkaufen kommt – und das schon über Genrationen. Die Hoffnung ist nun natürlich groß, dass diese Kunden auch nach Ende der Geschäftsschließung wieder im Laden stehen. Seine Mitarbeiterin, welche er seit acht Jahren im Laden beschäftigt, ist derzeit ebenso zu Hause. Die Bemühungen, direkt nach der Schließung über die zuständigen Stellen eine konkrete Aussage zu möglichen Hilfen bzw. dem Thema „Kurzarbeit“ zu bekommen, waren bisher noch erfolglos. Das muss sich schnell ändern, denn gerade diese kleinen Hoffnungsschimmer sind in solch einer Situation besonders wichtig. Die Bundesregierung plant derweil ein milliardenschweres Hilfspaket für Selbstständige und Kleinstunternehmen, um die Not Vieler so schnell wie möglich zu lindern. Für Jens Möckel stand der Laden dabei immer an erster Stelle. Die finanziellen Mittel, die über die Jahre frei waren, steckte er in seinen Traum der Selbstständigkeit und baute sich so über die letzten Jahrzehnte ein erfolgreiches Geschäft auf. Doch bei ihm, und vielen anderen, sind die finanziellen Puffer nicht riesengroß und vor allem nicht unendlich. Auch in einem ganz anderen Bereich ist Jens Möckel direkt betroffen. Viele in Zwönitz kennen ihn für seine große Leidenschaft: die Musik und die Gitarre im ganz Speziellen. Ob Kinder, Jugendliche oder Erwachsene, viele haben bei ihm die Freude zur Musik gefunden. Wie es C M Y K 2 Donnerstag, 26. März 2020 Zwönitzer ANZEIGER Stadtleben Auch Zwönitz erstarrt – Unsere Stadt und ihre Herausforderungen damit nun weitergeht, weiß auch Jens Möckel noch nicht. Gerade die Musik ist für viele in Momenten größter Not etwas, um sich auch auf andere Gedanken zu bringen. Und vor allem die Kinder und Jugendlichen sind momentan über jede Abwechslung froh.
Seit 19. März 2020 sind auch alle Spielplätze gesperrt.
Viele hatten bereits damit gerechnet, und am 18. März 2020 war es dann auch tatsächlich soweit: alle Schulen und Kindertageseinrichtungen in Zwönitz mussten geschlossen werden. Eine Notbetreuung von Kindern ist nur noch aufgrund spezieller Voraussetzungen möglich, z. B. für Alleinerziehende, und immer unter der Vorgabe einer besonderen „Systemrelevanz“ des jeweiligen Berufes bzw. der Bestätigung des Arbeitgebers. Für viele Eltern eine echte Zerreißprobe, muss nun die tägliche Arbeit und die Betreuung der Kinder unter einen Hut gebracht werden. Wo möglich springen Großeltern ein oder man muss sich mit Urlaub aushelfen. Und auch in den Betreuungseinrichtungen wachsen die Herausforderungen. Die Notbetreuung muss sichergestellt werden, doch was passiert mit den vielen Mitarbeitern? Fragen, auf die es keine schnellen Antworten seitens der verantwortlichen Landesbehörden geben konnte und die Stadt in vielen Bereichen des täglichen Lebens zum Warten zwingen. Und eine Situation, welche durch die danach folgenden Einschränkungen noch verschärft wurde. Zur Eindämmung sozialer Kontakte wurden ab dem 19. März 2020 alle öffentlichen und privaten Veranstaltungen vorerst abgesagt und öffentliche Plätze geschlossen, z. B. Spielplätze. Wenn möglich wird ein kleines bisschen Schulalltag aber von zu Hause aus realisiert. Lehrer bereiten Lernpakete oder verschiedene Aufgaben vor, welche die Kinder auch in den eigenen vier
Wänden lösen können.
Auch die Stadtverwaltung musste reagieren. Seit dem 19. März ist das
Rathaus, Bürgerservice und Stadtinfo sowie das Innenstadtbüro für den
Besucherverkehr geschlossen. Dringende Anliegen können aber natürlich
noch per E-Mail oder telefonisch geklärt werden, persönliche Termine
sind nur noch per Anmeldung möglich.
Seit dem 23. März 2020 wurden dann durch die Landesregierung neue
Ausgangsbeschränkungen erlassen, welche man auch in Zwönitz deutlich
spüren kann. Maximal zu zweit (abgesehen von der eigenen Familie)
darf man sich auf den Weg zur Arbeit oder zu wichtigen Besorgungen
oder Arztbesuchen machen, Restaurants und viele andere Gewerke,
die bisher noch öffnen durften, mussten ihre Türen nun schließen.
Umso wichtiger ist es, nun auch die regionalen Händler und Gastronomen
zu unterstützen. Viele bieten einen Liefer- oder Abholservice an,
welche rege genutzt werden können. Und jeder sollte überlegen, ob
die eine oder andere Besorgung noch etwas Zeit hat, um diese hoffentlich
bald wieder in unseren Geschäften vor Ort zu erledigen und nicht
vom Computer zu Hause.
Doch was bringt nun die Zukunft? Für Jens Möckel steht sein Herzensprojekt,
die Zwönitzer Rocknacht, welche im Juni wieder die besten
Nachwuchsbands der Region in unsere Stadt bringen sollte, auf der
Kippe. Viele Vorbereitungen sind bereits getroffen und auch die ersten
Bands haben zugesagt. Ob die Veranstaltung stattfinden kann, wird
sich erst in den kommenden Wochen zeigen.
Da wir uns als Zwönitzer Anzeiger ganz grundsätzlich mit dem Leben in
unserer schönen Stadt auseinandersetzen, spielt auch für uns mittlerweile
das Thema „Corona“ eine zentrale Rolle. Wir wollen uns auf unsere
Stadt konzentrieren und dabei hören, wie es Menschen wie Jens
Möckel in Zwönitz in Zeiten der Krise ergeht. So wollen wir ein Stück
„Normalität“ auch weiterhin beibehalten, über die Geschehnisse in
Zwönitz berichten und weiterhin die Geschichten der Stadt und ihrer
Einwohner erzählen. Ob auch zukünftig ein Zwönitzer Anzeiger erscheinen
kann, können wir zu diesem Zeitpunkt leider nicht versprechen.
Wie jeder blicken auch wir auf die Herausforderungen unserer
Zeit. Wir versuchen aber, auch aus zeitgeschichtlicher Sicht, eine Berichterstattung
aufrechtzuerhalten, um spätestens wenn einige Zeit
vergangen ist, rückblickend und reflektierend diese schwierige Phase
für unsere Stadt aufzuarbeiten. Wir bedanken uns für das Verständnis
und freuen uns auf ein bald wieder mit Leben erfülltes Zwönitz!