Die neue Museumsleiterin Paula Stötzer (rechts) erklärt Bürgermeister Wolfgang
Triebert (links) einen der Multimediaterminals im Geschirrsaal.
Eines der bedeutendsten kulturellen Bauprojekte der Stadt steht in einem ersten Bauabschnitt kurz vor der Vollendung. Ende Juni sollen die Bauarbeiten an und in der Papiermühle Niederzwönitz abgeschlossen sein. In der neu gestalteten Ausstellung erwartet die zukünftigen Besucher dann ein ganz neues Konzept. Erarbeitet wurde dieses in Zusammenarbeit mit der Kommunalentwicklung Mitteldeutschland GmbH in Verbindung mit der Agentur Ö-Grafik aus Dresden. Man kann sich nun bald in das Jahr 1938 begeben und die Papiermühle an einem ganz normalen Arbeitstag erleben. Die Maschinen stehen zwar still, könnten aber jeden Moment wieder ihre Arbeit aufnehmen. Man begibt sich in einen Bereich, in dem sich in diesem Jahr gut 10 Menschen tagtäglich um die Herstellung von Pappe kümmerten. Neben den Werksräumen kann man zukünftig auch in den privaten Räumlichkeiten von Milda Wintermann, der damaligen Eigentümerin der Mühle, wandeln. Viele der Einrichtungsgegenstände sind dabei aus dem Fundus der Papiermühle übernommen wurden, teilweise handelt es sich um Spenden oder zugekaufte Möbel und Inventar. Alles mit dem Ziel, ein möglichst realistisches Bild des Lebens und Arbeitens zu dieser Zeit widerzuspiegeln. Neben der inhaltlichen Aufbereitung des Themas wurden auch zahlreiche bauliche und technische Arbeiten vorgenommen, um zum einen die Bausubstanz für die kommenden Jahrzehnte zu erhalten und zum anderen den Museumsbetrieb modern und attraktiv zu gestalten. Die baulichen Maßnahmen umfassen die Sanierung und Erneuerung des Wasserrades und der Radkammer nebst einer Fundamentsicherung des Hauptgebäudes, die Aufarbeitung und Reparatur historischer Türen und Fenster, die Sanierung der Fußböden im Ausstellungsbereich, die partielle Sanierung von Holzbalken im Fachwerk sowie die Sanierung der historischen Wandbeschichtung und die fachgerechte Erneuerung der haustechnischen Installation.
Die museale Umgestaltung zielt auf die Stärkung der Benutzererfahrung des technischen Denkmals Papiermühle ab. Dazu gehört der teilweise Umbau zur Barrierefreiheit über ein taktiles Leitsystem und der Beschilderung in Brailleschrift („Blindenschrift“). Des Weiteren ist zukünftig ein Besuch der Räumlichkeiten auch ohne Führung möglich. Dafür steht ein umfangreiches Smartphonesystem mit mehrsprachigem Audioguide (sogar mit erzgebirgischem Dialekt), Informationsterminals sowie Beamerpräsentationen mit Videomaterial und zahlreichen Erläuterungen zur Verfügung. Außerdem sollen auch museumspädagogische „Mitmach“-Angebote in Verbindung mit der Schauwerkstatt geschaffen werden. So will man die gesamte Spanne an Besuchern glücklich machen. Zum einen möchte man attraktiv für Zeitzeugen der damaligen Zeit sein, aber auch jungen Menschen einen umfangreichen Einblick in das damalige Leben gewähren. Zusätzlich werden aktuell noch Räumlichkeiten für wechselnde Sonderausstellungen hergerichtet. So soll es immer wieder einen neuen Anreiz geben, die Zwönitzer Papiermühle zu besuchen.
Auch ein neues Wasserrad wurde installiert. Das aus Lärchenholz gefertigte Rad soll die nächsten 25 bis 30 Jahre (so lang ist die durchschnittliche Haltbarkeit eines solchen Wasserrades) das Schöpfrad, die Pappenmaschine und die Nasspresse antreiben. Der langjährige Museumsleiter Eckhard Stölzel (rechts) begutachtet die Arbeiten.
Insgesamt fünf Fördertöpfe wurden für das umfangreiche Bauprojekt angezapft, um die finanzielle Belastung für die Stadt in Grenzen zu halten. Am Ende des ersten Bauabschnittes stehen nun Gesamtkosten von ca. 900.000 Euro. Durch die verschiedenen Fördermaßnahmen können dabei mehr als 50 Prozent übernommen werden. Geplant war anfangs ein wesentlich höherer Fördersatz. Durch die in den vergangen Jahren aber förmlich explodierten Baukosten konnte dieser nicht gehalten werden. Und noch eine Neuerung gibt es in der Papiermühle. Seit Anfang Juni kümmert sich Paula Stötzer als Museumsleiterin um die Geschicke der Einrichtung. Eine anspruchsvolle Aufgabe für die 29-jährige, die in den vergangen beiden Jahren im Stadt- und Kulturgeschichtlichen Museum Torgau beschäftigt war. Mit Studienabschlüssen in den Bereichen Museologie und Denkmalpflege ist sie genau die richtige Person für den Neustart des Zwönitzer Museums. Und so bringt sie sich direkt mit vollem Elan in die Vorbereitungen der Wiedereröffnung ein. Dabei ist vor allem ihr geschultes Auge wichtig. Einige Ausstellungsstücke musste sie bereits aussortieren, da sie nicht in den historischen Kontext der neuen Ausstellung passten. Und auch wenn kurz vor einer Ausstellungseröffnung die Arbeitstage lang werden und der Schlafsack im Museum bereit liegt, hat sie es nicht weit nach Hause. Für ihre neue Anstellung ist die gebürtige Schwarzenbergerin extra nach Zwönitz gezogen.
So fiebern alle der Eröffnung der Papiermühle am 11.07.2020 entgegen. Als deutschlandweit einziges technisches Museum mit dem Hintergrund der Papier- und Pappeherstellung mit funktionstüchtigen Maschinen aus der Zeit um die Jahrhundertwende möchte man den Besuchern in Zukunft ein noch ansprechenderes Erlebnis bieten. Und so sollen die baulichen und technischen Neuerungen vor allem die Emotionen der damaligen Zeit in die aktuelle Erfahrung vor Ort transportieren und einen Einblick gewähren, welchen man so nirgendwo anders erleben kann. Allen Interessenten für Führungen bzw. den Angeboten wie Handschöpfen sei noch gesagt, dass diese derzeit nur per Voranmeldung und Buchung möglich sind. Unter der 037754-2690 oder unter papiermuehle@zwoenitz.de wird Ihnen gern geholfen.